NS-Opfern Namen geben: Historiker Johannes Hofinger, Zeitzeuge Ernest Bonyhadi, Gunter Demnig (v. l.) verlegen "Stolpersteine".

Foto: Thomas Neuhold

Salzburg - Johann Langer sei von der SS derart misshandelt worden, dass er "seinem Leben ein Ende machte". So hat ein überlebender KZ-Häftling den Tod Langers am 12. Oktober 1938 im Konzentrationslager Dachau beschrieben.

Der 1878 geborene Langer war als Senatsvorsitzender des Landesgerichtes Leiter der Strafverhandlungen gegen jene illegalen Nationalsozialisten, die in Salzburg am so genannten Juliputsch beteiligt waren. Bei diesem gescheiterten Umsturzversuch 1934 sind in Salzburg zehn Menschen ums Leben gekommen. Nach dem "Anschluss" 1938 haben die Nationalsozialisten an jenen, die für die gerichtliche Verfolgung des NS-Putsches verantwortlich zeichneten, grausame Rache geübt.

Seit Donnerstag erinnert ein mit Messing überzogener Pflasterstein vor der ehemaligen Wohnung Langers im Zentrum Salzburgs an das Schicksal des nie parteipolitisch engagierten Richters. In das Messing sind die wichtigsten Daten eingraviert: Name, Geburtsjahr, Todesdatum.

Diese Woche sind 26 solcher "Stolpersteine" als dezentrale Mahnmale für NS-Opfer in der Landeshauptstadt neu verlegt worden. Die Steine mahnen an das Schicksal von Juden, politisch Verfolgten, Zeugen Jehovas, Euthanasieopfern und gleich mehreren Kleinkindern Salzburger Roma. Vergangenes Jahr wurden bereits neun "Stolpersteine" in Gehsteige und Straßen einzementiert.

Das vom Kölner Künstler Gunter Demnig entwickelte Projekt will den Opfern des nationalsozialistischen Terrors ihre Namen zurückgeben. Rund 16.000 "Stolpersteine" für alle Opfergruppen sind es derzeit europaweit.

In Salzburg ist Demnigs Motto - "ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist" - angekommen. "Wir haben die Geschichte unseres Kollegen nicht gekannt", räumt Landesgerichts-Vizepräsident Philipp Bauer im Standard-Gespräch ein. Als das Personenkomitee jedoch an das Gerichtspräsidium herangetreten sei, habe man sofort die Patenschaft für den "Stolperstein" übernommen.

Das Andenken an Langer allein ist Bauer jedoch zu wenig. Die Richtervereinigung müsse die Geschichte des Berufsstandes während der Nazi-Diktatur als auch die Übernahme von Personal nach 1945 aufarbeiten, verlangt Bauer.

Im selben Haus wie Richter Langer hatte bis 1938 auch die Familie Bonyhadi gewohnt. Daniel Bonyhadi war Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg. Ihm, seiner Ehefrau Gertrude und zwei seiner von den Nazis ermordeten Söhne - Ludwig und Edgar - sind ebenfalls "Stolpersteine" gewidmet. Zu ihrer Verlegung am Donnerstag ist auch der 1924 geborene Enkel Bonyhadis Ernest aus den USA als Zeitzeuge angereist. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29. August 2008)