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Ein Dorfbewohner Totopes vor seinem ehemaligen Haus, das er vor fünf Jahren verlasssen hatte und das damals noch  weit vomMeer entlegen stand.

Totope - Die alte Küstenstraße liegt schon im Meer. Arbeiter begannen mit dem Bau einer neuen Straße, doch diese wurde so oft überflutet, dass das Projekt aufgegeben wurde. Nun führt nur noch ein Weg über den Sand nach Totope an der Südküste von Ghana am Atlantischen Ozean. Dort müssen alle paar Jahre die Bewohner einiger Dörfer ihre Häuser verlassen und weiter landeinwärts ziehen, um sich vor dem nahenden Meer und dem Sand in Sicherheit zu bringen. Aber Totope ist der Fluchtweg versperrt: Das Dorf liegt zwischen dem Ozean und der Songho-Lagune. In ein paar Jahren müssen sie fortziehen, sagen die Einwohner. "Als ich jung war, musste ich auf eine Kokosnuss-Palme klettern, um das Meer zu sehen", erinnert sich der 57 Jahre alte Fischer Alex Horgah. Die Alten im Dorf erzählen, dass der Ozean jedes Jahr ein paar Meter näher rückt. Keiner weiß genau, warum das so ist. Kein Wissenschaftler hat dort jemals Untersuchungen angestellt.

Ansteigen der Meeresspiegel

Wenn sich die Voraussagen über die Auswirkungen des Klimawandels bewahrheiten, dann erleben die Menschen in Totope heute aber das, was Millionen in den kommenden Jahrzehnten noch bevorsteht. Experten sagen, das Ansteigen der Meeresspiegel werde gemeinsam mit einer steigenden Zahl von Dürren und Überflutungen sowie einem drastischen Artensterben eine der schwerwiegendsten Folgen der Erderwärmung sein. Nach Angaben des Weltklimarats IPCC sind die Meeresspiegel seit 1993 bereits um jährlich drei Millimeter gestiegen. Wenn der Klimawandel nicht eingedämmt werde, müssten Millionen Menschen in den Küstenregionen mit Überschwemmungen und immer schlimmeren Stürmen zurechtkommen. Bis zu einem Drittel der Feuchtgebiete an den Küsten könnte verschwinden. Bei einer UN-Klimakonferenz in der ghanesischen Hauptstadt Accra - rund 100 Kilometer westlich von Totope - beraten Vertreter aus 160 Staaten über einen Folgevertrag für das Kyoto-Abkommen. Der Vertrag soll im nächsten Jahr in Kopenhagen beschlossen werden.

"Jedes Jahr kommt das Meer näher"

In Totope ist das vielen Küstengebieten drohende Schicksal schon eingetreten. Verlassene Betongebäude sind halb vom Sand bedeckt, Strohhütten müssen immer weiter ins Hinterland versetzt werden. Eine ganze Siedlung wurde bereits vor einigen Jahren überflutet, sie liegt nun eineinhalb Kilometer vor der Küste unter dem Meer und zwingt die Fischer mit ihren Fangnetzen zu Umwegen. "Jedes Jahr kommt das Meer näher", sagt der 70 Jahre alte Ebenezer Koranteng. Das Dorf werde spätestens in fünf Jahren unbewohnbar sein. Und als ob das nicht schlimm genug wäre, müssen die Fischer von Totope auch noch damit kämpfen, dass die Bestände zurückgehen und moderne Trawler ihnen das meiste vor der Nase wegfischen.

"Es ist eine Geldfrage"

Der Strand des Tausend-Einwohner-Dorfes ist von Plastikmüll verschmutzt, der in Accra und anderen Städten ins Meer geworfen wurde. Die Bewohner haben Tonnen davon gesammelt, zur Lagune gebracht und mit Sand bedeckt - diese Mülldeponie verschafft ihnen ein paar Meter mehr Raum zum Leben und die Hoffnung, noch ein paar Jahre länger in ihrer Heimat bleiben zu können. Der Fischer Horgah sagt, dass das ghanesische Dorf eigentlich umziehen sollte. Auf der anderen Seite der Lagune gebe es Platz für Landwirtschaft, und gefischt werden könne in der Lagune. Aber das Land dort kostet 45.000 Dollar (30.000 Euro), der Wiederaufbau der Häuser noch einmal soviel. Heather McGray vom "World Resources Institute" sagt, dass Totope eine der Ortschaften wäre, die von einem Fonds profitierten, der zugunsten der vom Klimawandel heimgesuchten Küstenregionen aufgelegt werden solle. "Es ist eine Geldfrage", konstatiert sie. Schon mit einem Prozent der Summe, die in den USA zusammenkäme, "könnten wir 10.000 Dörfer wie dieses umsiedeln". (Von Arthur Max/AP)