Wien - Die anfängliche Freude der Grünen über Claudia Schmied als SPÖ-Kulturministerin ist einer Ernüchterung gewichen: "In der Kulturpolitik ist in den letzten zwanzig Monaten nichts weitergegangen" , stellte Wolfgang Zinggl am Mittwoch bei der Präsentation des grünen Kulturprogramms fest. Unter anderem gäbe es weder ein Konzept zur Zukunft der Bundesmuseen (samt ausverhandelten Rahmenzielvereinbarungen) noch eine gesetzliche Regelung für kommunale öffentliche Bibliotheken.
Und die Novellierung der Künstlersozialversicherung sei "ein schlechter Scherz" , die Ministerin habe den Künstlern bloß "ein Aspro verabreicht" . Denn nach wie vor existieren Einkommensgrenzen, bei deren Unterschreiten der staatliche Zuschuss zurückzuzahlen ist. "Die Ärmsten werden also doppelt bestraft." Die Grünen treten daher für die Einrichtung eines existenzsichernden Zuschusssystems ein: Wer weniger als 13.200 Euro pro Jahr verdient, soll die Differenz aus einem Absicherungsfonds erstattet bekommen.
Schmied habe auch nicht die Ankündigung im Standard-Interview, den Kunstschaffenden "auf Augenhöhe" entgegentreten zu wollen und sie aus der entwürdigenden Rolle der Bittsteller zu befreien, umgesetzt: Die Vergabe von Förderungen und Stipendien verläuft für Zinggl "intransparent wie eh und je; Gesprächstermine im Ministerinnenbüro zu bekommen erweist sich als praktisch unmöglich." Die Grünen fordern daher unter dem Titel "Gläserne Finanzierung" eine Neustrukturierung der Kunstförderung (klare Fristen und Zuständigkeiten, öffentliche Beiratssitzungen und Begründung der Entscheidungen).
Und natürlich fordert Zinggl auch eine massive Anhebung des seit Jahren stagnierenden Kulturbudgets - um 100 Millionen Euro. Die Grünen würden damit unter anderem eine "Offensive für den österreichischen Film" (dotiert mit 20 Millionen Euro) starten, mit zehn Millionen einen Kunstfonds gründen, der insbesondere spartenübergreifende Projekte ermöglicht, und die Mittel für die 400 Kulturinitiativen auf 40 Millionen Euro verzehnfachen. Denn es sei nicht einzusehen, dass der Großteil der Gelder für die repräsentativen "Leuchttürme" verwendet wird, während die Kulturinitiativen als Basis "im Dunkeln" arbeiten.
Weitere rund 15 Millionen Euro wären für den generell freien Eintritt in die Bundesmuseen notwendig, den die Grünen fordern. Denn der Besuch von Ausstellungen sei angesichts der hohen Eintrittspreise für finanzschwächere Bevölkerungsgruppen "unerschwinglich".
Signifikant mehr Geld müsse es für die Musikförderung geben (die Grünen arbeiten derzeit an einem entsprechenden Gesetzesentwurf), die Ausgaben für Initiativen, die Kindern und Jugendlichen einen aktiven Umgang mit Kunst ermöglichen, sollen verdoppelt werden. Kein Geld hingegen wollen die Grünen für kommerzielle Events und politische Selbstdarstellung verwendet wissen.
Die ausformulierte, aber nicht beschlossene Novelle zum Kunstrückgabegesetz geht Zinggl zu wenig weit:Er fordert weiterhin, dass auch das Leopold Museum zur Restitution geraubter Kunst verpflichtet werden muss. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/printausgabe, 04.09.2008)