Wien - Der US-amerikanische Karikaturist Chan Lowe zeigt in Wien seine Arbeiten aus den letzten Jahren, insbesondere über den US-Wahlkampf. Vor allem aber spricht er über die politische Situation in seiner Heimat. Die aber ist, findet er selbst als Erster, nun wirklich nicht mehr lustig. Lowe ist zurzeit in Wien, am heutigen Donnerstagabend wird er öffentlich auftreten, "drawing comparisons" , also Vergleiche ziehen oder zeichnen.

Im Vorfeld hat er bereits skizziert, was ihm in diesen Zeiten wichtig scheint, nämlich der kritische Blick auf den Krieg, auf Gottesgläubigkeit, Schwulendebatten, Lebenshaltungskosten und der Appell an den Patriotismus.

Stabreimend fasst er zusammen: "Guns, God, Gays, Gas and Old Glory" - alles Themen, die von den Politikern, insbesondere der gegenwärtigen US-Regierung, manipulativ eingesetzt würden, um Angst zu verbreiten und die Leute bei der Stange zu halten.

Chan Lowe, der für den South Florida Sun-Sentinel und mehr als zwei Dutzend weitere Blätter arbeitet, ist seit dreißig Jahren im Geschäft und hat für seine treffsicheren Arbeiten etliche Preise gewonnen.

Der 55-Jährige ist ein Veteran des Metiers und einer von achtzig "full-time cartoonists" , die es in den USA noch gibt - gespart wird auch bei ihnen, den Profis der Verknappung und Verdeutlichung. Die Medien und ihre Willfährigkeit den Mächtigen beziehungsweise eingebildeten Publikumsvorlieben gegenüber bezeichnet er denn auch als Teil der verfahrenen Situation, in der er sein Land sieht.

Zwar stellt die amerikanische Botschaft, die ihn eingeladen hat, Chan Lowe als Karikaturisten vor, der in alle Richtungen austeilt. Doch seine Sympathien sind klar ablesbar, sie gelten Barack Obama - mit Einschränkungen. So veranschaulicht er gleich mehrfach, dass Obama sich in Europa als Star feiern lassen kann, dass ihm das aber daheim nichts nützt.

Liberale Tradition

Lowe sieht sich in liberaler Tradition, ist sich seiner Parteilichkeit bewusst und weiß, dass man mit vergleichbaren zeichnerischen Mitteln auch von konservativer bis reaktionärer Warte aus spotten kann. "Viele gute Beispiele sind mir allerdings nicht bekannt", sagt er. "Das wiederum hat wohl mit diesen Zeiten zu tun. Die Fehler (der Bush-Administration) sind zu deutlich."

In wenigen Monaten wird es eine neue Regierung geben, vielleicht unter Obama. Dass Lowe die Themen ausgehen, ist nicht zu erwarten. (Michael Freund, DER STANDARD/Printausgabe, 04.09.2008)