Jeweils montags und donnerstags eine Stadtgeschichte Thomas Rottenberg

Es war schon bevor die vorige Stadtgeschichte geschrieben worden war. So fair muss man sein. Denn dass die Antwort, die Frau E. von der Stabstelle für Öffentlichkeitsarbeit der MA 30, den Wiener Kanalräumern, bekam, erst bei mir landete, als die "Kanalgeschichte" (die Stadtgeschichte vom Montag) schon zu lesen war, ist nicht die Schuld der Behörde. Auch nicht die von Frau E. - sondern eine der hiesigen, internen Abläufe.

Frau E., das zur Erinnerung, hatte sich beklagt, im Kanal nicht erlebt zu haben, was ihr suggeriert worden war: Die von ihr besuchte „Dritter Mann Tour" hatte sich verklausuliert als Abenteuertrip (inklusive Gummistiefelpflicht) angepriesen, hatte dann aber eher den Thrill-Faktor eines Vortrages über die Zinnkrugsammlung von Onkel Sepp gehabt: Informativ, aber irgendwie schon fad.

Nicht bekribbelt

Dass dabei weder ihre Gummistiefel nass, noch ihre Erwartungen, mit authentischem Kanal- und Dritter-Mann-Atmosphäre bekribbelt zu werden erfüllt worden waren, hatte Frau E. grantig gemacht. Denn - auch wenn sie es so nicht aussprach: Die biedere Volksbildungsveranstaltung, die da unter dem Deckmantel des Abenteuerspazierganges an sie herangetragen worden war, roch ein wenig nach Etikettenschwindel. Erst recht, weil die MA 30 wohl weiß, dass viele Leute bei der Erwähnung von Kanalführungen immer noch an jene Eventführungen denken, bei denen genau das geboten worden war, was Frau E. sich dann von der städtischen Kanalführung erhofft hatte.

All das schrieb sie der MA 30 - und der war das tatsächlich nicht wurscht. Wohlgemerkt: Schon bevor Frau E.s Ärger veröffentlicht war. Freilich wird in dem Brief eine auf der Hand liegende Frage nicht angesprochen: Die, wieso die Stadt Wien jahrelang Führungen tolerierte, die allem Anschein nach gleich in mehrerlei Hinsicht zwischen unverantwortlich, fahrlässig und lebensgefährlich angelegt waren, weil ihr Veranstalter offen und zumindest mit Billigung der Behörde regelmäßig Hundertschaften mit Fackeln, ohne Schutzkleidung und ohne jegliches kanalsicherheitsgeschulte Personal durch die Schächte führte, nämlich. Dennoch soll die Antwort der Kanalräumer nicht übergangen werden. Und darum sind jetzt die Kanalführer am Wort.

* Geschäftszahl: MA30-95/05 * Dritte Mann Tour *

"Sehr geehrte Frau E!
Vorab möchte ich mich für Ihr Interesse an der Wiener Kanalisation bedanken und bedaure es persönlich, dass Sie keinen Gefallen an unserer 3. Mann Tour gefunden haben. Die MA30 - Wien Kanal ist bemüht, das bestehende Angebot bei der "3. Mann Tour" laufend zu verbessern um so den Wünschen unserer KundInnen noch mehr als bisher Rechnung zu tragen. Daher ist Ihre Kritik, vor allem weil sie negativ ausfällt, ein wichtiger Beitrag für unsere Arbeit."

"Es ist uns ein großes Anliegen unseren BesucherInnen in einer sehr engagierten Tour Wissenswertes über die Wiener Kanalisation zu vermitteln. Unser Schwerpunkt wurde daher bewusst auf Information statt auf Event-Entertainment gelegt. Vor allem die Gesprächsmöglichkeit zwischen Besuchern und Kanalarbeitern im Rahmen der Führung wird von vielen Besuchern sehr gerne angenommen."

Nie angeboten

"Zu der von Ihnen erwähnten Fackeltour im Kanal darf ich anmerken, dass seitens der MA30- Wien Kanal eine derartige Tour nie angeboten wurde. Abgesehen davon, dass der Kontakt mit Abwasser ohne ausreichende Ausrüstung ein erhebliches Gesundheitsrisiko birgt und das Begehen von Kanälen daher nur einem speziell geschultem Betriebspersonal vorbehalten ist, ist die Verwendung von offenem Feuer in Kanälen jeglicher Art (weltweit) verboten. Bitte lassen sie sich von fachunkundigen Personen nicht dazu verleiten, Abwasserkanäle auf eigene Faust zu erkunden. Sie gefährden sich und andere Personen."

Wir hoffen dass sie zumindest an einer unserer anderen Stationen der 3. Mann Tour (Walk, Film, oder Museum) gefallen finden und verbleiben, mit freundlichen Grüßen Ing. G. , Leiter der Stabstelle für Öffentlichkeitsarbeit" (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 4. September 2008)