Israels scheidender Premier Ehud Olmert signalisiert prinzipielle Bereitschaft, Siedlungen im Westjordanland aufzulösen. Am Sonntag lässt er die Regierung erstmals über einen Gesetzesentwurf beraten, der finanzielle Entschädigungen für jene Siedler vorsieht, die jetzt schon freiwillig gehen wollen. Doch die Idee stößt auch in Olmerts eigener Kadima-Partei auf Ablehnung. Außenministerin Zipi Livni etwa hält den Vorstoß für verfrüht: die "freiwillige Evakuierung" sollte erst gefördert werden, "nachdem wir wissen, wo die Grenze verläuft", sagte Livni.

Keine Einigung

Bis diese und die anderen Kernfragen geklärt sind, kann es aber noch lange dauern. Denn obwohl man "beinahe täglich" verhandelt, so der palästinensische Außenminister Riad al-Malki, hätten die Teams "sich noch über kein Thema geeinigt" und "noch kein einziges Wort zu Papier gebracht".

Auch Livnis stärkster parteiinterner Rivale, Verkehrsminister Shaul Mofaz, lehnt den Gesetzentwurf ab. Damit schwäche Israel seine Position in Friedensverhandlungen mit den Palästinensern.

Die Initiative für das "Evakuierungs-Entschädigungs-Gesetz" kommt vom israelischen Vizepremier und Olmert-Vertrauten Haim Ramon, der jene rund 70.000 Siedler, die jenseits des "Sicherheitszauns" leben, zum Aufgeben motivieren will. "Wir haben ihnen de facto gesagt, wenn es Frieden geben wird, wird das Gebiet nicht unter israelischer Souveränität sein" , argumentiert Ramon. "Wenn die Grenze fixiert ist, werden wir sie leider mit Gewalt entfernen müssen, denn sie werden nicht dort bleiben." Aus Sicht des rechtsoppositionellen Likud macht Olmert einen "Amoklauf, der wie ein Liquidationsverkauf aussieht." Der Premier habe kein moralisches Recht, in den letzten Wochen seiner Amtszeit noch schicksalsschwere Konzessionen zu machen.

Laut Medienberichten hat die Polizei in drei mutmaßlichen Korruptionsfällen ihre Ermittlungen gegen Olmert abgeschlossen und will dem Staatsanwalt empfehlen, Anklage zu erheben. Die mögliche Anklage hat aber an politischer Brisanz verloren, weil Olmert ohnehin schon seinen Rücktritt angekündigt hat. In den Umfragen zu den parteiinternen Vorwahlen am 17. September hat Livni ihren Vorsprung vergrößert. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2008)