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Sarah Palin stellte den Parteigenossen ihre Familie vor. Die nunmehrige Kandidatin für das Vize-Präsidentenamt hat gemeinsam mit ihrem Mann Tod (rechts) fünf Kinder. Drei davon sind ihr Sohn Trig (im Arm) und ihre Töchter Willow (links) und  Piper.

Foto: REUTERS/Mike Segar

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Die Familie Palin auf der Bühne versammelt. In den vergangenen Tagen sorgten Berichte über die Schwangerschaft der minderjährigen Tochter Bristol (zweite von Links) für Wirbel.

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Sarah Palin und John McCain beim republikanischen Parteitag in St. Paul. Die 44-jährige Gouverneurin von Alaska erklärte bei Ihrer Rede: "Ich gehe nicht nach Washington, damit sie eine gute Meinung von mir bekommen."

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"Das ist Amerika!", schreit Rick Rider, ballt die Hand zur Faust und stößt sie in Luft. "Das gibt's nur in Amerika!" Er hört gar nicht mehr auf zu jubeln. Achtzig Meter vor ihm bauen sich John McCain und Sarah Palin zu einem Gruppenbild auf. Da sind: ein versehrter Vietnamveteran, eine frühere Kleinstadtbürgermeisterin, ein Schneemobil fahrender Fischer, ein bereits mit 17 schwangeres Mädchen, ihr leidenschaftlich Eishockey spielender Freund, ein Baby, das am Downsyndrom leidet, um nur die markantesten Personen aufzuzählen. "Nur in Amerika", meint Rider, "können solche Leute auf der ganz großen Bühne stehen."

Die frühere Kleinstadtbürgermeisterin, Sarah Palin, hat gerade die wichtigste Rede ihres Lebens gehalten. Sehr souverän, sehr angriffslustig, sehr auf Zuspitzung bedacht. "Diese Welt voller Gefahren ist mehr als eine Gemeinde, sie braucht mehr als einen Gemeindearbeiter", hat sie gegen Barack Obama gestichelt. Dann die Presse aufs Korn genommen. "Hier ist eine kleine Eilmeldung für all diese Reporter: Ich gehe nicht nach Washington, um ihren tollen Kommentaren zu dienen. Ich gehe nach Washington, um den Menschen dieses Landes zu dienen."

Damit hat sie ihre Parteifreunde zum Pfeifen und Johlen gebracht. "Power-Palin!", steht auf den Postern. "Die Frau ist echt, echt wie das Leben", frohlockt Judy Schwalbach, die - auch kein Zufall - ein Eishockeytrikot trägt. Schwalbach war Bürgermeisterin einer Kleinstadt in Michigan. Jetzt gilt es, die "Hockey Mom" Sarah zu feiern, die Frau, die mit vielen Bällen zugleich jongliert und die in den Applaus hinein ruft: "Familien raufen sich zusammen und beißen sich durch." Die Palins mit ihren Problemen, dem behinderten Baby und der zu früh schwangeren Tochter - sie sind die neue Musterfamilie der Konservativen.

 

So will man die Herzen von "Small-Town America" gewinnen, des Amerikas der kleinen Städte, wo die Jungs im Schlamm Football spielen und wo selbst vor Hotdogbuden das Sternenbanner weht. Dieses Amerika hegt einen hartnäckigen Groll gegen die verwöhnten Großstädter in New York oder San Francisco. Den hat Palin zu schüren versucht, mit heftigen Attacken gegen Obama, den die Republikaner gern als Inkarnation des elitären Professors hinstellen. Der lasse nur dann Lob auf arbeitende Menschen herabregnen, wenn sie zuhörten, eiferte die Vizekandidatin. "Und wenn sie nicht zuhören, spricht er davon, wie verbittert sie sich an ihre Religion und ihre Gewehre klammern".

"Seit Jahrzehnten geht die Sonne Washingtons im Osten auf", wettert Mitt Romney, einst McCains härtester Rivale, und spricht von den Kommentarspalten der New York Times und der Washington Post, als seien sie Keimzellen einer linken Verschwörung. "Wenn Amerika wirklich den Wandel will, ist es an der Zeit, nach der Sonne im Westen zu schauen, nach der Sonne, die bald über Arizona und Alaska aufgeht." Für Arizona sitzt McCain im US-Senat, in Alaska lebt Palin.

"Affiger als Madonna"

Mike Huckabee, als Ex-Baptistenpfarrer der Liebling der Religiösen, zollt den "elitären Medien" zynisches Lob dafür, dass sie die republikanischen Reihen geeint haben. Immer wieder derselbe Leitfaden: dort die Schreiberlinge, die die Welt interpretieren, aber sie nicht verstehen, dort Small-Town-America mit seinen schwieligen Fäusten und seiner Heldin Sarah Palin. Kritik an der Amtsführung der Gouverneurin Alaskas erklärt Huckabee mit einem lockeren Satz zum Tabu: "Die Berichterstattung der letzten Tage war affiger als ein Kostümwechsel bei einem Madonna-Konzert."(Frank Herrmann aus St. Paul/DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2008)