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Das Bombardement der georgischen Hafenstadt Pori hat einen Teil der Küstenwache des Kaukasuslandes versinken lassen.

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Ein Teil des Hafens wurde schon vor Unterzeichnung des Kaufvertrags und vor dem Krieg mit US-Hilfe modernisiert.

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Brennende Schiffe im Hafen von Poti.

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Die Idee war gut, doch die Welt noch nicht bereit. Dabei hatte das Projekt, das die Bewohner der 48.000-Einwohnerstadt Poti an der georgischen Schwarzmeerküste erst im April bei einer Zeremonie zusammen mit Präsident Michael Saakaschwili gefeiert hatten, sogar schon einen Namen, zumindest inoffiziell: „Schwarzmeer-Dubai". Aus der von Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise gebeutelten Hafenstadt sollte eine Handelsmetropole nach dem glitzernden Vorbild der Ölstadt am arabischen Golf werden. Tausende Arbeitsplätze sollten entstehen, die Westbindung der Kaukasusrepublik mittels europäischer und amerikanischer Investitionen forciert werden. Auch der passende Käufer, der den Plan mithilfe milliardenschwerer Investitionen verwirklichen sollte, war schon gefunden. Und dann fielen die Bomben. Wie es weitergeht, ist ungewiss.

Sonderwirtschaftszone

Im April erst hatte Georgiens mittlerweile schwer bedrängter Präsident Michail Saakaschwili den vermeintlich großen Coup gelandet. Elf internationale Unternehmen hatten sich um die Privatisierung des 150 Jahre alten Hafens beworben, über den laut aktuellen Zahlen zuletzt 7,7 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen wurden - durch Europas größter Seehafen Rotterdam fließen zum Vergleich 400 Millionen Tonnen Güter pro Jahr. Für umgerechnet 58 Millionen Euro hat Georgiens Regierung als Eigentümerin 51 Prozent des Seehafens samt 400 Hektar Baugrund für die kommenden 49 Jahre an einen Investor verkauft, dessen Stammsitz wenige Kilometer vom großen Vorbild Dubai entfernt liegt.

Das Emirat Ras al-Khaimah, mit etwas mehr als 210.000 Einwohnern eines der kleinsten Puzzleteile der Vereinigten Arabischen Emirate am Golf, will innerhalb der nächsten Jahre mehr als 130 Millionen Euro in den Ausbau des Hafens investieren und die 50.000-Einwohner-Stadt in eine Sonderwirtschaftszone transformieren, in der laut Plan innerhalb der nächsten fünf Jahre internationale Unternehmen Investitionen im Umfang von einer Milliarde Euro tätigen sollen. Steuern werden dafür bis auf die Einkommenssteuer nicht fällig, so der Plan. Auch für die Investoren sollte sich der kühne Plan rentieren. Bis 2020 soll die 40 Millionen Tonnen-Marke an Umschlagvolumen erreicht werden. Der eigentliche Käufer des Hafens, die staatseigene Ras al-Khaimh Investment Agency (RAKIA), war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Bis zu 20.000 Arbeitsplätze

Die georgische Küstenregion könnte den wirtschaftlichen Impuls aus Arabien dringend brauchen. Während der Rubel am Hafen zuletzt stetig rollte - der Umsatz der Poti Sea Port Corporation wuchs zwischen 2003 und 2007 von 22 auf 30 Millionen US-Dollar an - , fanden zuletzt immer weniger Menschen in dem von Wirtschaftskrisen besonders betroffenen Hafen von Poti Arbeit. Auch das soll sich nach den Plänen der Regierung durch das Engagement der finanzstarken Araber ändern. Von derzeit 1.300 soll die Zahl der Jobs in Georgiens "Dubai" nach Fertigstellung der Freihandelszone am Schwarzen Meer auf 20.000 wachsen.

Dass die instabile politische Situation in Georgien bestehende Investoren abspringen lässt, glaubt Mari Nadaraia, Vize-Direktorin der Poti Seaport Corporation im Gespräch mit derStandard.at nicht. "Es gibt keine Änderungen, was unsere Gesellschafter und Investoren betrifft. Alles geht so weiter, wie es vor dem Krieg geplant wurde." Drei Hafenarbeiter seien bei dem Beschuss durch russische Kampfflugzeuge in der Nacht des 8. August ums Leben gekommen, die Schäden an der Infrastruktur seien hingegen weitgehend beseitigt. "Es lauft wieder alles nach Plan." Bleibt die russische Militärpräsenz, deren Schiffe den Hafen von Poti nach wie vor unter Kontrolle halten.

Stalin brachte Poti militärische Bedeutung

Alan Middelton, Direktor der Poti Seaport Corporation, kündigte eine Woche nach der Bombardierung des Hafens eine Klage gegen Russland an. Schließlich sei der Hafen keineswegs von militärischer Bedeutung gewesen, argumentiert der Brite. Das war allerdings nicht immer so. Im zweiten Weltkrieg verlegte Sowjetdiktator Stalin Teile der Schwarzmeerflotte von der NS-besetzten Krim nach Poti, seit Dezember 1992 beherbergt die Stadt den größten Stützpunkt der georgischen Küstenwache. Heute verlassen nicht nur Containerschiffe, befüllt vor allem mit Waren aus den zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken und Georgien selbst, den Hafen, sondern auch Personenfähren nach Rumänien, Bulgarien, die Türkei und die Ukraine. Zusammen mit dem einige Kilometer weiter nördlich gelegenen Hafen Kulevi, den eine aserbaidschanische Gesellschaft zusammen mit westeuropäischen Kreditgebern zu einem Ölterminal ausbauen will, erreichte Poti in den vergangenen Jahren konstant steigende Umsätze.

"Massiv abschreckend"

Moskau hat nach Ansicht des Innsbrucker Politologen und Russland-Experten Gerhard Mangott einen Strich durch die Pläne der georgischen Regierung gemacht, auch, was das Projekt "Dubai" betrifft. "Die Russen könnten die Ausbaupläne privater Investoren durch ihre Militärpräsenz jederzeit stoppen. Das wirkt natürlich massiv abschreckend." Auch wenn die Zerstörungen im zivilen Teil des Hafens relativ gering seien, hätte Moskau von Poti aus auch Zugriff auf die übrigen, ebenfalls zum Großteil unter ausländischer Beteiligung expandierenden Ölhäfen Georgiens am Schwarzen Meer. "Je weniger die georgischen Häfen wegen der unsicheren Lage genutzt werden, desto mehr kontrolliert Russland den Ölexport etwa von Aserbaidschan, das dafür auf den russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk ausweichen muss", sagt Mangott.

Er glaubt auch, dass sich die geänderte Situation negativ auf die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit der Region auswirken könnte. "Wir alle Schwarzmeerhäfen war Poti in letzter Zeit ein Magnet für Arbeitsplätze, sowohl was das Löschen des wachsenden Frachtvolumens als auch die Ausbauarbeiten an den Terminals betrifft. Wenn der Ausbau in Poti jetzt gebremst oder gar gestoppt wird, könnte sich das ganz schnell ändern." (flon/derstandard.at, 4.9.2008)