Die Fan-Krawalle rund um das Wiener Derby zwischen Rapid und der Austria haben bei Fußballfunktionären offenbar ein Trauma hinterlassen. Sonst hätte ÖFB-Präsident Friedrich Stickler nicht in der Presse ein Hooligan-Gesetz verlangt. Fritz Dinkhauser (siehe Artikel rechts) weist dies als unsinnig zurück.

Vor aller Augen werden rund um das Fußballstadion soziale Konflikte ausgetragen. Emotional aufgeladene Menschen trauen sich im Gefühl der Sicherheit, das ihnen die Gemeinschaft gibt, ihren Frust, ihre Wut, ihren Hass herauszulassen. Das ist unentschuldbar; und das Böse, die Lust an der Zerstörung von Sachen und Menschen, wirkt selbstverständlich auch bei gutsituierten Menschen.

Aber es zeugt von erheblichem Realitätsverlust politischer und ballesterischer Funktionäre - vielleicht auch von ihrer böswilligen Ignoranz -, die Ursachen der Gewaltausbrüche dem Fußball zuzuordnen und so zu tun, als wären sie durch mehr Security und Videoscreening im Stadion und durch Hausverbote für Krawallmacher zu lösen.

Primär müssen Fans im Stadion geschützt werden, keine Frage. Aber wer schützt das Land vor der kalten Politik à la ÖVP und FPÖ, die Menschen in UNS und DIE, in Unternehmer (Gewinnsteuersenkung) und Arbeitnehmer (Reallohnverlust) oder Österreicher und Zuwanderer teilt?

Die Law-and-Order-Masche vor dem Stadion oder sonst wo dient bloß als Alibi. Sie soll weismachen, dass die Verantwortlichen ihre Verantwortung tragen und ist doch der Beweis des Gegenteils.

Wir leben in einem Land, in dem viele Abertausende um Hilfe schreien, und alles, was sie kriegen, ist ein Polizeigummiknüppel. (DER STANDARD Printausgabe 08.09.2008)