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SP-Chef Faymann änderte seine Meinung zu den FP-Vorschlägen nach dem Treffen mit Strache.

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Die ÖVP beklagt die mangelnde Treffsicherheit der roten Maßnahmen, da auch Kaviar billiger würde. Die SPÖ will nun Luxuslebensmittel von der Steuersenkung ausnehmen: Kavier muss teuer bleiben.

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Wien - Langusten und Straußeneier, Trüffel und gestopfte Leber: Wer sich gerne an diesen Köstlichkeiten delektiert, muss unverändert hohe Preise schlucken. Die SPÖ will zwölf Luxusgüter von der geplanten Mehrwertsteuersenkung ausnehmen - wobei sie aber gar keine Anstrengungen unternimmt, das als sonderlich soziale Maßnahme zu verkaufen. "Irrelevant" sei der Umsatz der Leckereien, gibt Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter zu, man übernehme halt einfach nur das deutsche Modell. Bundesgeschäftsführerin Doris Bures sagt: "Ich nehme nicht an, dass Reiche nur Kaviar essen. Sonst hätten alle einen Eiweißschock."

Ernst meint es die SPÖ aber mit der Grundidee, die Mehrwertsteuer von zehn auf fünf Prozent zu senken, sucht aber noch Partner, um das Steuergeschenk bei einer Sondersitzung des Nationalrats zu beschließen; mögliche Termine sind der 15. oder - wahrscheinlicher - der 17. September. Die FPÖ zeigt sich geneigt, stellt aber eine Bedingung, über die sie nun mit den Roten verhandelt: Auch die 20-prozentige Mehrwertsteuer auf Medikamente soll halbiert werden.

Das Gros der Patienten würde davon nicht direkt profitieren. Zwei Drittel des Umsatzes fallen auf vom Arzt verschriebene Medikamente, wofür Käufer nur die gedeckelte Rezeptgebühr bezahlen - sie würden von der Steuersenkung nichts merken. Billiger würden ohne Rezept gekaufte Arzneimittel werden - vom Aspirin bis zum Haarwuchsmittel. "Die SPÖ macht Viagra billiger. Das wird manch älteren Herren freuen, geht aber zulasten des Budgets", urteilt Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP): "Das ist ein Steuerbasar, wie er schlimmer nicht sein könnte."

Sehr wohl Geld ersparen, und zwar 235 Millionen Euro, würden sich die finanziell maroden Krankenkassen, über die Medikamente abgerechnet werden. Im Gegensatz zu Bartenstein hält Alois Guger vom Wirtschaftsforschungsinstitut die Halbierung der Mehrwertsteuer deshalb für "sinnvoll, wenn der Staat den Kassen einen Großteil der Ersparnis überlässt". Die Patienten könnten insofern davon profitieren, als ihre Beiträge für die Krankenversicherung weniger oder gar nicht steigen könnten. Gibt die SPÖ in dieser Frage den Blauen nach? Im Büro von Parteichef Werner Faymann dementiert man Meldungen, dass dieser schon zugestimmt habe. "Es wird darüber geredet, aber nichts ist fixiert", heißt es. Die Zeichen stünden aber auf "eher Nein".

Sicher nicht mitstimmen werden die Grünen, die verärgert sind, weil es zwischen SPÖ und FPÖ offenbar so etwas wie eine Voreinigung gebe. Die Senkung der Mehrwertsteuer hält Alexander Van der Bellen für teuer und nicht zielführend. Bei seinem Treffen mit Faymann am Mittwoch wird der Grünen-Chef einen neuen Vorschlag machen. Der Kindergarten soll komplett gratis sein, die Ganztagesbetreuung müsse ausgebaut werden, wofür die Grünen 400 Millionen Euro verbuchen. Der öffentliche Verkehr soll für Kinder und Jugendliche gratis sein, die Kosten von 400 Millionen Euro könnten durch die flächendeckende Einführung der Lkw-Maut finanziert werden. Schließlich soll Familien mit einer Art Kesseltausch-Programm der kostenlose Umstieg auf alternative Energie ermöglicht werden, was 60 Millionen koste. Für Familien mit Kindern könne das eine Entlastung von 3000 Euro im Jahr bedeuten, und da könne die SPÖ nicht Nein sagen, glaubt Generalsekretär Lothar Lockl. Das könnte BZÖ-Chef Jörg Haider, mit dem Faymann einen Tag später, am Donnerstag, verhandelt, allerdings auch annehmen. (go, jo, völ/DER STANDARD-Printausgabe, 10. September 2008)