Dass jene Bilder, die die Medien in immer größeren Mengen an den Konsumenten bringen wollen, auch manipulierbar sind, ist ein Allgemeinplatz: Von der schlichten Fotomontage mit Klebstoff und Schere bis zur pixelgenauen Nachbearbeitung am Computer wurden die Bilder manipuliert. Was jedoch geschieht, wenn ein Foto im Moment seiner Entstehung schon umdefiniert und verändert wird, das zeigt der Deutsche Julius von Bismarck mit seinem "Image Fulgurator". Er will damit Bewusstsein dafür schaffen, welchen Weg Bilder bis zum Medienkonsumenten durchmachen, wie er im APA-Gespräch sagt.
Ausgezeichnet
Die bei der Ars Electronica in Linz mit einer "Goldenen Nica" ausgezeichnete Apparatur sieht aus wie ein Fotoapparat mit einem Blitz dort, wo keiner hingehört. Sie nimmt aber keine Bilder auf, sondern "verschießt" sie: Löst in der Nähe des "Fulgurators" der Blitz eines Fotoapparates aus, schießt Bismarcks Konstruktion ein Bild dorthin, wo der Nichtsahnende seine Kamera hinrichtet, und verändert so dessen Foto. Die Ergebnisse sind verblüffend: Plötzlich ist bei Aufnahmen Barack Obamas in Berlin ein Kruzifix am Rednerpult zu sehen, das sonst nicht dort ist. Oder auf Touristen-Fotos von der Mao-Gedenkstätte in China plötzlich eine Friedenstaube vor dem Gesicht des Ex-KP-Chefs. Viele Touristen werden das Ergebnis wohl erst zu Hause sehen - und sich dann umso mehr wundern.
Mit seinem Konzept will von Bismarck u.a. den "Wahrhaftigkeits-Anspruch" von Pressefotografie infrage stellen. Bei der Rede des US-Präsidentschaftskandidaten in Berlin wollte er eigentlich auf der Presse-Tribüne stehen und so Fotos von Profifotografen "fulgurieren". "Aber es war nicht leicht, sich dafür akkreditieren zu lassen. Bisher war ich erfolglos, aber ich kann mich nicht davon abbringen lassen", so der Deutsche, über dessen Aktionen der Österreicher Richard Wilhelmer derzeit einen Film dreht.
Bewusstsein
Von Bismarck will "Bewusstsein dafür schaffen, wer welche Bilder und aus welchem Grund macht, wie der Weg bis zum Konsumenten ist" und, insbesondere, "wie reagiert diese Medienmaschine, wenn ich da eingreife". Interessant sei u.a., wie die Autorenschaft eines Fotos sich verändert - ob von Bismarck durch die von ihm ausgelöste Veränderung zum Mitautor wird oder auch die Autorenschaft des "eigentlichen" Fotografen verletzt. "Natürlich haben die Medien die Panik, dass ihre Wahrhaftigkeit angegriffen wird. Aber genau das will ich machen", so der Künstler. "Ich fühle mich eigentlich im Recht und will diese Diskussion öffentlich machen" - wenn es sein müsse, auch über ein Gerichtsverfahren.
Dass dieses auch negativ für den Künstler ausgehen kann, ist einberechnet. "Es wäre schade, wenn ich das Preisgeld, das ich hier gewonnen habe, für Bußgelder oder Schadenersatzforderungen ausgeben müsste. Aber das ist Teil des Experiments."(APA)