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Frank-Walter Steinmeier ein Königsmörder? Nein, sagt der zurückgetrene Parteichef Beck, die Intrige komme vielmehr den hinteren Reihen des SPD.

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Zurück nach Rheinland-Pfalz. In seinem Bundesland war Beck der König, in der Bundespolitik wurde im kein Glück beschert.

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Von einer Intrige gegen Beck will niemand etwas wissen.

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Das Gesicht ist grau und müde, die Hände zittern leicht. Doch Kurt Beck gibt sich gefasst, als er am Dienstag vor die Kameras tritt. Nicht in Berlin, wo man dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden so übel mitgespielt hat, sondern daheim, in Rheinland-Pfalz, wo er mit absoluter Mehrheit regiert und sich wohlfühlt. Dorthin hat sich Beck zurückgezogen, um seine Wunden zu lecken. Dass diese tief sind, will er gar nicht erst beschönigen. Eine "bewusste Entscheidung nach einer intensiven Selbstprüfung, im Sinne der Partei und im Sinne des Selbstrespekts" , sei sein überraschender Rücktritt am Sonntag gewesen, sagt er. Denn: "Man kann den Parteivorsitz nicht machen, wenn die Handlungsspielräume so eingeschränkt sind."

Mit müder Stimme stellt er den Ablauf des für die deutschen Sozialdemokraten so dramatischen Wochenendes aus seiner Sicht dar. Seit Wochen sei er mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier einig gewesen, dass dieser Kanzlerkandidat werden und auch der nunmehr einfache Bundestagsabgeordnete Franz Müntefering im bevorstehenden Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen solle. Am Sonntag habe man sich gemeinsam als eine Art neue Troika empfehlen wollen. Aber dann musste Beck schon am Samstag im Spiegel lesen, dass Steinmeier Kandidat sei und dem zögerlichen Beck das Amt quasi abtrotzen habe müssen. "Eine bewusste Fehlinformation" , die seine Autorität untergraben sollte, meint Beck. Daraufhin habe er sich zum Rücktritt entschlossen. Zwar sieht sich Beck als Opfer einer Intrige, die erste Reihe der SPD spricht er jedoch explizit frei. Namen aus den Hinterbänken will er nicht nennen: "Ich habe kein Interesse, meiner Partei zusätzliche Schwierigkeiten zu machen."

Die Parteispitze hingegen will von einer Intrige gegen Beck nichts wissen. "Von Putsch kann keine Rede sein" , beteuert Finanzminister und SPD-Vize Peer Steinbrück. Und Steinmeier erklärt: "Sie können sicher sein, dass ich nichts, aber auch gar nichts dazu beigetragen habe, dass die Entscheidungen am Wochenende so fielen, wie sie gefallen sind." Er hat jetzt ohnehin lieber die Zukunft im Blick: "Lasst uns nicht nur Rückschau halten."
Zumindest was die SPD-Spitze im neuen stern sieht, erfreut sie: Laut einer Forsa-Umfrage legt die SPD nach Becks Rückzug um vier Prozentpunkte zu und steht nun bei 26 Prozent. Die Union kommt auf 37 Prozent, die Linkspartei behauptet ihre Position als drittstärkste Kraft mit 14 Prozent.

"Münte" nur Übergangslösung

Doch die von der Parteispitze beschworene Einigkeit will sich immer noch nicht einstellen. Vor allem dem designierten SPD-Chef Müntefering bläst Gegenwind ins Gesicht. Bei seiner Nominierung gab es im Parteivorstand fünf Enthaltungen und eine Nein-Stimme. Brandenburgs Ministerpräsident und Ex-SPD-Chef Matthias Platzeck etwa sieht Müntefering nur als Übergangslösung. Er werde eher zwölf Monate als zwölf Jahre Parteichef sein. Und der zum linken Parteiflügel zählende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit warnt vor einem Kurswechsel hin zu mehr Reformen. Außerdem fordert er volle Solidarität mit Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti, die am Dienstag offizielle Sondierungsgespräche mit der Linkspartei einleitete.

Die Union beobachtet dies weiterhin mit großer Skepsis. Für Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) entscheidet sich in den nächsten Wochen, ob die große Koalition in Berlin weiterhin durchhält. Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmt die Deutschen schon mal auf Wahlgeschenke ein: Neben der bereits in Aussicht gestellten Erhöhung des Kindergeldes verspricht sie zusätzliche Förderungen für die Sanierung von Gebäuden. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDRD, Printausgabe, 10.9.2008)