"Zwei Bagger demolieren die Gebäude, die Bronzestatue wird gerade weggestemmt und überall liegt Bauschutt", schildert der Architekturfotograf Michael Hierner das momentane Szenario in der ehemaligen "Stadt des Kindes" in Wien-Penzing. Denn drei von den fünf bestehenden Bauten werden nun abgerissen.

Die Stadt des Kindes wurde 1974 als Heim für gefährdete Kinder und Jugendliche eröffnet. Im Jahr 2002 stellte sie ihren Betrieb ein, galt jedoch weiterhin als architektonisch wertvolle Anlage und soziales Symbol. Zwischenzeitlich fungierte das Areal auch als Flüchtlingslager. Nun wird die Hälfte abgerissen und soll einer modernen Wohnhausanlage weichen.

Foto: Michael Hierner/www.hierner.info

Die "Stadt des Kindes" war eine Initiative der Stadt Wien zum 50. Jahrestag der Republik Österreich. Das sozialpädagogische Konzept galt damals als innovativ und fand auch international große Beachtung. Kinder und Jugendliche waren hier keine deklassierte Randgruppe, sondern lebten in einem sozialen Gefüge bis zur eigenen Erwerbsfähigkeit unter Betreuung der Stadt. 

Der Entwurf der Anlage stammte vom Architekten Anton Schweighofer. "Der Abriss der Bauten wurde insgeheim beschlossen. Schweighofer wurde vorab nicht darüber informiert - sein Recht auf Information über den Plan wurde ihm somit verwehrt", meint Hierner.

Foto: Michael Hierner/www.hierner.info

Aktivisten der Plattform "Freiraum" hatten die "Stadt des Kindes" am Samstag Abend aus Protest gegen den Abriss besetzt. Die meisten wurden bereits von der Polizei vertrieben. Einige wenige hatten sich bis Dienstag im Keramikladen der Anlage von Ursula Throm-Gruber verschanzt.

Der Keramikladen ist bis heute aktiv gewesen. Nun muss er den Baggern weichen. Die WEGA hat heute die letzten Protestierenden aus der Stadt heraus getrieben.

Foto: Michael Hierner/www.hierner.info

"Während wir zu Mittag gegessen haben, wurden um uns herum plötzlich Bauzäune errichtet. Es ist unglaublich, was hier passiert! Eines der Symbole für ein soziales Wien wird einfach weggerissen", schildert Michael Hierner.

Foto: Michael Hierner/www.hierner.info

2005 erwarb der Bauträger ARWAG das Architekturjuwel und investiert nun 43 Millionen Euro in Abriss und Renovierung. Die neue Wohnhausanlage soll "im Stil des Architekten" gebaut werden.

Aufgrund des schlechten Zustandes sei ein Erhalt der alten Bausubstanz nicht möglich, heißt es von seiten des Wohnbaustadtrates.

Foto: Michael Hierner/www.hierner.info

Scharfe Kritik an dem Abriss kommt auch von den Wiener Grünen."Man hat hier dem Profitinteresse des Bauträgers nachgegeben. Die Wiener SPÖ zeigt einmal mehr, dass ihr soziale Visionen längst abhanden gekommen sind und Baufirmen ihr näher stehen als Sozialprojekte", so Sabine Gretner, Planungssprecherin der Grünen Wien. (beg/red, derStandard.at, 9.9.2008)

Foto: Michael Hierner/www.hierner.info