Teheran - Der Rechtsausschuss des iranischen Parlaments hat eine kontroverse Gesetzesinitiative zur Polygamie abgewiesen. Die Regelung, die in den Augen ihrer KritikerInnen zur Vielehe ermuntert hätte, wurde demnach aus dem Entwurf der Regierung gestrichen. In seiner ursprünglichen Form hätte das Gesetz Familien zum Zerbrechen bringen können, zitierten Zeitungen am Dienstag den Ausschussvorsitzenden Ali Shahrohi.
Den KritikerInnen zufolge hätte die Reform einem verheirateten Mann die Möglichkeit gegeben, ohne Zustimmung seiner Ehefrau ein weiteres Mal zu heiraten. Nötig gewesen wäre demnach nur die Feststellung eines Gerichts, dass er finanziell in der Lage sei, den Unterhalt für eine Zweitfrau aufzubringen. "Wir betrachteten diesen Artikel als unlogisch und haben ihn entfernt", sagte Shahrohi der Zeitung "Etemad". "Die iranischen Familien und Frauen sollten wissen, dass wir ihren Anliegen nicht gleichgültig gegenüberstehen."
Gesetz diskriminiere Frauen nicht
Gemäß dem im Iran geltenden islamischen Recht kann ein Mann bis zu vier Ehefrauen haben. In der Praxis ist die Vielehe in dem Land aber wenig verbreitet und wird insbesondere von vielen Angehörigen der städtischen Mittelschicht abgelehnt. Die Regierung weist die Darstellung zurück, dass sie Frauen diskriminiere. Ein Regierungssprecher hatte noch vor wenigen Tagen gewarnt, falls der Gesetzentwurf scheitere, werde die Polygamie völlig unkontrolliert praktiziert werden.
Das "Gesetz zur Unterstützung der Familien", in dem die umstrittene Regelung enthalten war, hätte ursprünglich vergangene Woche vom Parlament debattiert werden sollen, wurde nach breiter Kritik in der Öffentlichkeit aber an den Ausschuss zurückverwiesen.
KritikerInnen feierten
KritikerInnen wie Sussan Tahmassebi von der Frauenrechtskampagne "Eine Million Unterschriften" feierten dessen Entscheidung als Sieg. "Wir finden es großartig, dass das Parlament auf die Stimmen der Frauen gehört hat", sagte Tahmassebi. Allerdings enthalte der Entwurf immer noch problematische Regelungen etwa zu Ehen von Iranerinnen mit Ausländern. Sie hoffe nun auf einen "positiven Dialog" mit dem Parlament über dieses und andere Anliegen der Frauen im Iran.
Das Parlament dürfte nun über eine überarbeitete Fassung des Gesetzes, das auch andere familienpolitische Fragen behandelt, abstimmen. (APA/Reuters)