Prag - Eine 86-jährige Richterin aus der Zeit des Kommunismus in der Tschechoslowakei ist am Dienstag zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts muss Ludmila Brozova-Polednova ins Gefängnis, da sie an Verurteilung und Hinrichtung der Widerstandskämpferin und späteren Abgeordneten Milada Horakova maßgeblich beteiligt war.

Horakova war in einem Schauprozess 1950 zum Tode verurteilt worden. "Es war ein politischer Prozess und die Schuld sowie Bestrafung wurde schon vorher von den politischen Organen der Kommunistischen Partei mit der Staatssicherheit festgelegt", sagte Richter Martin Zelenka zur Begründung.

Keine Reue

Das Gericht tagte in Pilsen, der Heimatstadt der Ex-Richterin, an der die 86-Jährige persönlich teilnehmen konnte. Sie zeigte keine Reue und erklärte nach der Urteilsverkündung, sie sei bereit, ins Gefängnis zu gehen. Mit der Entscheidung des Obersten Gerichts wurde eine frühere Entscheidung eines untergeordneten Gerichts wieder rückgängig gemacht, das eine zuvor verhängte Haftstrafe aufgehoben hatte.

Horakova war die einzige Frau, die in der damaligen Tschechoslowakei aus politischen Gründen hingerichtet wurde. Sie galt wegen ihres Widerstands gegen die deutsche Besatzung als Nationalheldin, hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg aber auch gegen die kommunistische Herrschaft gewandt. Tschechischen Berichten zufolge war Brozova-Polednova damals von den Behörden als Richterin ausgewählt worden, damit Horakova von einer Frau verurteilt werde. Auch drei Männer waren verurteilt und hingerichtet worden. (APA)