Bild nicht mehr verfügbar.

Jan Kocian am Grübeln.

Foto: APA/EPA/Kalnina

Kaunas - Österreichs Nationalteam tänzelt so gut wie noch nie. Das war den 48.000 Augenzeugen beim Aufwärmen vor dem Frankreich-Match im Happel-Stadion (3:1) nicht entgangen. Und auch nicht den Fans vor dem WM-Qualifikationsspiel in Litauen, das nach Blattschluss dieser Ausgabe einer Erledigung zugeführt wurde. Österreichs Kicker bewegten sich in tanzähnlichen Schritten über den Platz, überzeugten mit Balance-Gefühl und wirkten trotz der dynamischen Bewegungen erfrischend locker. Den Kommandos des britischen "Tanzlehrers" Roger Spry wird bedingungslos im Kollektiv - und synchron - Folge geleistet.

Spry war vom ÖFB im Oktober 2006 als Conditioning Coach geholt worden, um das Team bis zur EM in puncto Kondition und Agilität auf Vordermann zu bringen.

Das ist ihm gut gelungen. Denn auch im Hinblick auf die WM-Qualifikation für die Endrunde 2010 in Südafrika will der ÖFB auf die Fähigkeiten des 57-Jährigen bauen. "Mein Vertrag endete mit 1. Juli. Ich habe noch keinen neuen Vertrag unterschrieben, aber wir haben eine mündliche Einigung erzielt", sagt Spry.

Schätzte Ex-Teamchef Josef Hickersberger die unkonventionellen, an südamerikanische Techniken wie der Kampfkunst Capoeira angelehnten Übungen sehr, so musste sich das neue Trainer-Gespann Karel Brückner und Jan Kocian erst daran gewöhnen. "Für uns war das alles ziemlich neu", sagt Kocian. "Wir haben zugeschaut, Informationen ausgetauscht und ihm gesagt, was er eventuell anders machen könnte." Für Spry zählt hauptsächlich der Kontakt mit den Kickern. "Ich bin hier, um die Leistungen der Spieler zu verbessern, nicht die der Trainer." Was sich seit seinem Engagement am augenscheinlichsten verbessert hat? "Die Spieler haben mehr Selbstvertrauen. Und das zu Recht."

Die Einsatzbereiche des Kampfsport-Experten, Trägers des Schwarzen Gürtels in Karate und Ex-Kickbox-Europameisters, sollen gleich bleiben. Neben kollektiven Trainings-Sessions betreut Spry die Spieler auch individuell und schickt ihnen weiterhin Trainingsprogramme.

Renommee hat sich der stets im Hintergrund agierende Brite schon bei zahlreichen Klubs wie Sporting Lissabon, Arsenal oder FC Porto erworben. Die Rundfunkanstalt BBC etwa hält ihn für den "berühmtesten Mann im Fußball, von dem Sie noch nie gehört haben". (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 11. September 2008, krud)