Klagenfurt - "Wir wollen 200.000 Euro von der Republik Österreich", erklärte Anwalt Peter Gradischnig.Er vertritt den 35-jährigen Kärntner der in einem wieder aufgerollten Missbrauchs-Prozess im Zweifel frei gesprochen worden ist.

Der Kärntner war im Jahr 2003 verurteilt worden, weil er laut Anklage der Staatsanwaltschaft seine damals vier Jahre alte Stieftochter missbraucht haben soll. Der Mann saß knapp zwei Jahre im Gefängnis. Er erreichte jedoch eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Wesentlich zur Verurteilung beigetragen hatte ein Gutachten, das der psychiatrische Sachverständige Max Friedrich erstellt hatte.

Weiteres Gutachten

Ausschlaggebend für die Wiederaufnahme war ein weiteres Gutachten, das attestierte, dass die Stieftochter in ihrer Aussage beeinflusst worden sein könnte. Um das Kind tobte damals im Zuge einer Scheidung der Kampf um das Sorgerecht. Dabei wurde der Verdacht laut, der Großvater des Mädchens habe das Kind missbraucht. Bei den Ermittlungen gegen den Großvater kam dann auch der 35-Jährige ins Visier der Ermittler. Beide Männer wurden 2003 zu drei Jahren Haft verurteilt.

Nachdem der Kärntner bereits 21 Monate in der Justizanstalt Sonnberg verbracht hat und dort auch einen Suizidversuch unternommen hatte, erreichte sein Anwalt Gradischnig, dass der Fall neu aufgerollt wurde. "Meinem Mandanten geht es trotz des Freispruchs schlecht, er ist in psychiatrischer Behandlung", erklärte Gradischnig. Das vieldiskutierte Friedrich-Gutachten habe "einen Widerspruch in sich" aufgewiesen. "Und wenn ein Gutachten falsch ist, ist auch das Urteil falsch", erklärte der Villacher Anwalt und ehemalige Präsident der Kärntner Anwaltskammer.

Weiterer Fall

Gegen Friedrich liegt indes bei der Klagenfurter Staatsanwaltschaft in einem anderen Fall eine im Oktober 2007 eingebrachte Anzeige vor. "Es handelt sich um die Anzeige eines verurteilten Sexualdelinquenten", erklärte die Sprecherin der Kärntner Anklagebehörde, Carmen Riesinger, auf Anfrage der APA. Demnach soll Friedrich im Zuge dieses Verfahrens ein falsches Gutachten erstellt haben.

Der Betroffene in diesem Fall hatte zugleich mit der Anzeige einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Verfahrens gestellt. Der Mann wurde zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, er wurde im Jänner 2008 entlassen. Die Staatsanwaltschaft hat in der Causa bereits im Vorjahr einen deutschen Sachverständigen bestellt, der überprüfen soll, ob das fragliche Friedrich-Gutachten "lege artis" ist. "Auf dieses Sachverständigengutachten warten wir jetzt", sagte Riesinger. (APA)