Manche Beschlüsse wären besser nicht so gefasst worden, wie sie gefasst wurden.
Die Opec habe sich darauf verständigt, die Produktion zumindest bis zum nächsten Treffen Mitte Dezember in Algerien um 520.000 Fass am Tag (zu 159 Liter) zurückzuschrauben. Diese Botschaft ließ die Opec am Mittwoch in den frühen Morgenstunden verbreiten. Es sollte ein starkes Signal sein an Ölhändler, Spekulanten und Konsumenten, dass man den seit Juli anhaltenden Preisverfall bei Rohöl nicht weiter hinnehmen werde. Das Gegenteil trat ein.

Händler und Scheichologen, die den Herren des Öls an den Lippen hängen und jede Äußerung derselben durch Kauf oder Verkauf von Kontrakten in bares Geld umzumünzen suchen, wurden statt informiert, zutiefst verwirrt.

Tatsächlich haben sich die Ölminister aus dem 13 Länder umfassenden Klub nicht auf eine Kürzung der Förderung verständigt, sondern einfach die Situation genutzt, dass Indonesien schon länger aus dem Quotensystem drängt - und den Abzug des indonesischen Anteils an der Opec-Förderung als Kürzung verkauft. Oder besser gesagt: Sie haben versucht, das so zu verkaufen, um von Streitereien und Widersprüchen in der Opec selbst abzulenken.

Indonesien mit seinen gut 220 Millionen Einwohnern hat sich von einem erdölexportierenden in ein erdölimportierendes Land gewandelt. Die Ruhigstellung der Mitgliedschaft im Ölkartell ist somit nur konsequent.

Dass dieser an und für sich nicht unehrenhafte Schritt nicht präziser kommuniziert wurde, mag Zufall oder auf Übermüdung der Sitzungsteilnehmer zurückzuführen sein, die sich wegen des Fastenmonats Ramadan erst nach Sonnenuntergang zusammengesetzt haben. Es mag aber auch Berechnung gewesen sein. Abseits von Fernsehkameras und Mikrofonen gibt es nämlich ziemlich heftigen Streit zwischen Opec-Tauben und -Falken.

Hintergrund ist das Ringen um eine Strategie für die Zukunft. Das Ölkartell hat seine Hoch-Zeit Anfang der Siebzigerjahre gehabt. Durch kräftiges Drehen am Ölhahn haben die Scheichs in Reaktion auf den Einmarsch israelischer Soldaten in Ägypten (Jom-Kippur-Krieg) eine Ölkrise herbeigeführt, die weltweite Erschütterungen nach sich ziehen sollte. Damals machte der Anteil der Opec an der weltweiten Ölförderung 54 Prozent aus. Lange Schlangen vor Tankstellen, teilweise Fahrverbote bis zum Eintreten des damaligen Kanzlers Bruno Kreisky für die Nassrasur waren die Folge.

Nach einem Absturz fast in die Bedeutungslosigkeit während der Achtzigerjahre, als der Opec-Anteil an der Weltölproduktion nur noch 25Prozent ausmachte, haben sich die Scheichs trotz aller Gegensätze zusammengerauft. Heute beträgt der Anteil der Opec an der weltweiten Förderung knapp 40 Prozent - und noch wichtiger: Sie hat gut 70 Prozent der Ölreserven auf ihrer Seite.

Die in die Höhe geschnellten Rohölpreise, die trotz Rückgangs seit Juli noch immer um rund 50 Prozent höher sind als vor einem Jahr, haben Begehrlichkeiten geweckt. Insbesondere der Iran, Venezuela und Libyen wollen möglichst hohe Preise sehen, um angesichts vergleichsweise geringer Reserven, solange es noch geht, voll abzucashen.

Saudi-Arabien ist eines der wenigen Länder, das über genügend Reserven und Potenzial zum Hochfahren der Produktion hat. Dort sieht man einen weltweiten Abschwung, der von anhaltend hohen Rohölpreisen verstärkt würde, als Gefahr. Deshalb will man den Ölhahn auch offen lassen, sehr zum Missvergnügen des Iran. Ob es zum Vergnügen des Westens sein wird, muss aber ebenfalls bezweifelt werden. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe,11.9.2008)