Wien - Mit den eindringlichen Worten "Es geht nicht mehr" hat die Geschäftsführerin der Wiener Kabarettbühne "Kulisse", Doris Ringseis, am Donnerstag vor der drohenden Schließung des Hauses gewarnt. Angesichts der angespannten finanziellen Lage könnte die laufende Spielzeit die letzte sein: "Es herrscht absoluter Handlungsbedarf." Sie fordert nun von der Stadt Wien eine entsprechende Unterstützung.
Der jährliche Finanzbedarf der Kulisse beträgt laut Ringseis 135.000 Euro. Die Kartenerlöse und ein bestehender Sponsorvertrag mit der Fernwärme Wien würden dies nicht abdecken. Nun sei es an der Stadt Wien, gegebene Versprechen einzuhalten. Denn laut Ringseis hat Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny schon vor längerer Zeit versprochen, "dass er eine Lösung finden wird".
Einsturz der Saaldecke
Zudem würden auch die Sponsorengelder ständig gekürzt, und zwar innerhalb der vergangenen vier Jahre auf 25 Prozent. Andere Bühnen hätten sich unterdessen "hoher Subventionen" erfreut, obwohl vonseiten des Kulturamtes betont worden sei, das Kabarett nicht prinzipiell gefördert werde. Kritisiert wurde heute die Geldspritze für die Sanierung des inzwischen geschlossenen Kabaretts Vindobona.
Laut Ringseis sind unterschiedliche Faktoren für die prekäre finanzielle Lage des Betriebes verantwortlich. Zum einen habe der durch Arbeiten an einem Nachbarhaus verursachte Einsturz der Theatersaal-Decke 2001 großen wirtschaftlichen Schaden angerichtet. Andererseits werde der laufende Betrieb immer teurer. Und es sei auch kaum mehr möglich, günstig zu werben. So sei es etwa der Kulisse oder auch den Künstlern zu teuer, die Dienste der kürzlich gegründeten "Kulturplakat"-Gesellschaft in Anspruch zu nehmen.
Die Geschäftsführerin schloss nicht aus, schon in der laufenden Saison Spieltage zu reduzieren - "und mit Saisonende 2009 den verbleibenden Rest am Flohmarkt zu verkaufen". Unterstützung erhielt Ringseis heute von zwei namhafte Proponenten der heimischen Kabarettszene, Andrea Händler und I Stangl. "Wenn die Kulisse schließt, bin ich relativ arbeitslos", meinte Händler. Was auch für ihre Mitarbeiter und Partner sowie die 22 Beschäftigten in der Kulisse gelte.
Modelle der Förderung
Im Wiener Rathaus wurde die Kritik am Donnerstag zurückgewiesen. "Die Angriffe seitens der Kulisse auf die Wiener Kulturpolitik sind nicht nachvollziehbar", erklärte der Kultursprecher der Wiener SPÖ, Ernst Woller, mittels Aussendung. Die Stadt habe in den vergangenen vier Jahren in Summe 2,2 Mio. Euro für die Kabarettszene zur Verfügung gestellt und Sponsorgeld vermittelt. Zudem gebe es demnächst Gespräche - auch mit den Betreibern der Kulisse.
Die Rathaus-Opposition wiederum ließ kein gutes Haar am Vorgehen des Kulturamtes. Mailath-Pokorny sei gegenüber der Kabarett-Szene in Wien offensichtlich gleichgültig, befand ÖVP-Kultursprecher Franz Ferdinand Wolf. Die Grüne Kultursprecherin Marie Ringler forderte einen Runden Tisch für das Kabarett, um neue Modelle der Förderung auszuarbeiten.
Das Theater-Lokal Kulisse in der Rosensteingasse 39 wurde 1980 gegründet. Mehr als 200 Besucher finden dort Platz. Seit der Eröffnung haben laut den Betreibern rund 1,3 Mio. Menschen das Theater besucht. (APA)