Paris - Der viertägige Besuch von Papst Benedikt XVI. in Frankreich hat eine heftige Debatte über den Laizismus der Republik entfacht. Mehrere Oppositionspolitiker, darunter MoDem-Chef Francois Bayrou und der sozialistische Senator Jean-Luc Melenchon, übten Kritik am Empfang, den Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) dem Heiligen Vater bereitet hat. Sarkozy vertritt dagegen die Position des "positiven Laizismus", wonach die Religion "nicht eine Gefahr, sondern eher ein Vorteil" sei.

"Chef einer Religion, nicht ein Staatsoberhaupt"

Es ist nicht das erste Mal, dass ein französisches Staatsoberhaupt den Papst empfängt. So hatte Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac (UMP) im August 1997 Papst Johannes Paul II. empfangen. Sarkozy wird allerdings vorgeworfen, dass er sich gleich an zwei Zeremonien an der Seite des Pontifex beteiligt. Den Empfang des Papstes an der Treppe seines Flugzeugs bezeichnete Bayrou am Donnerstag in einem Zeitungsinterview als "normal". Kritik übte der ehemalige Präsidentschaftskandidat allerdings daran, dass Benedikt XVI. anschließend auch im Elysee-Palast empfangen werden sollte. "Für mich ist der Papst der Chef einer Religion, nicht ein Staatsoberhaupt", so der Zentrumspolitiker.

Senator Melenchon warf Sarkozy von den Seiten der Tageszeitung "Le Monde" eine "starke Vermischung zwischen Religion und Politik" vor. Der Sozialist kritisierte insbesondre die "offiziellen Mittel", die dem Papst zur Verfügung gestellt werden, sowie den Medienrummel um den Besuch, der vom Staatsfernsehen "France 2" live übertragen wird. "Der Papst und der Präsident verfolgen gemeinsam eine Strategie der Wiedereinführung der institutionellen Konfession in der französischen Gesellschaft", so Melenchon.

"Unsummen für die Sicherheit"

Fragen über die Finanzierung der Papstreise warfen die Gewerkschaft FSU und der ehemalige Generalsekretär von "Force Ouvriere" (FO, Marc Blondel, auf. "Es stellt sich die Frage der totalen oder teilweisen Finanzierung dieser Visite durch den Staat", betonte die FSU in einer Aussendung, während Blondel kritisierte, dass "Unsummen für die Sicherheit des Papstes" ausgegeben würden. Die Katholische Kirche in Frankreich betonte in Reaktion auf die Kritiken, dass sie die Reisespesen des Heiligen Vaters finanziere, während der Staat für dessen Sicherheit aufkommt. Insgesamt werden in Paris und Lourdes 9.000 Polizisten und Gendarmen eingesetzt.

"Polemik um der Polemik Willen"

Der sozialistische Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoe (PS) reagierte auf die Polemik mit der Erklärung, dass er den Papst nur außerhalb der religiösen Zeremonien treffen werde. Dagegen wird Premierminister Francois Fillon (UMP) der Messe beiwohnen, die der Papst am Samstagvormittag vor dem Invalidendom in Paris hält. Am Montag wird er Benedikt XVI. bei seiner Abreise zum Flughafen von Tarbes bei Lourdes begleiten. Als "gegenstandslos" tat UMP-Sprecher Dominique Paille diese Debatte ab. "Es ist wirklich eine Polemik um der Polemik Willen", sagte Paille und erinnerte daran, dass der Empfang genau den Standards jeden Besuchs eines Staatsoberhauptes entspreche.

"Frankreich hat schon genügend Probleme"

"Der Laizismus bedeutet, dass die Religion eine individuelle Angelegenheit in einem Staat ist, der die Kultfreiheit respektiert", betonte PS-Sprecher Julien Dray. "Jene, die in der Republik die Regierungsverantwortung tragen, allen voran der Präsident der Republik, müssen die Wächter dieser Prinzipien sein", äußerte Dray und fügte hinzu: "Frankreich hat schon genügend Probleme, um nicht neue Polemiken zu öffnen." Der sozialistische Senator Jean-Luc Melenchon warf Benedikt XVI. mit seinem Besuch in Frankreich "politische Zielsetzungen" vor. "Zum ersten Mal in der Geschichte der Republik tragen ein Papst und ein Präsident eine gemeinsame Politik zu Schau. In diesem Sinne ist der Laizismus unserer Republik bereits in Gefahr", empörte sich Melenchon.

Zur Forderung Sarkozys eines "positiven Laizismus", der einen Dialog zwischen Staat und Religion erlaube, meinte der ehemalige sozialistsiche Justizminister Robert Badinter (PS): "Es gibt nur einen Laizismus, jenen, der in der Verfassung festgeschrieben ist. Die Republik ist bekenntnisfrei, der Laizismus ist republikanisch, er ist weder positiv noch negativ", so Badinter.

Der kommunistische Abgeordnete Jean-Pierre Brard (PCF) kritisierte, dass Sarkozy den Papst-Besuch dazu verwende, "den Laizismus zu misshandeln". "Die Verantwortlichen des Staates, insbesondere auf höchster Ebene, sind nicht dazu berufen, Wertschätzungen über die verschiedenen in unserem Land ausgeübten Religionen zum Ausdruck zu bringen, weder in Form eines Lobs noch in Form von Kritiken", so Brard.

Der nationale Rat der laizistischen Familienvereinigungen CNAFAL verurteilte "das ständige Eindringen der Religion in die Politik seit der Amtsübernahme von Präsident Sarkozy" im Mai 2007. "Dies stellt eine VErletzung der Trennung von Staat und Kirche dar", betonte die Organisation in einer Aussendung und warf der Katholischen Kirche vor, "den verlorenen Einfluss im säkularisierten Frankreich wieder zu finden". Die CNAFAL ruft zur "Mobilmachung für die Verteidigung des öffentlichen Dienstes, der bekenntnisfreien republikanischen Schule, des öffentlichen Gesundheitswesens" auf. (APA)