Klagenfurt - Auf der Terrasse des Klagenfurter Restaurants Lido herrscht Hochbetrieb. Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider schätzt dieses Ambiente am See wegen des prachtvollen Wörtherseeblicks. Im Stundentakt geben sich Journalisten die Türklinke in die Hand. Jörg Haider is back.
"Rechtspopulist Haider tritt bei österreichischen Parlamentswahlen an" , titelt etwa die Agentur Reuters und wundert sich, warum der Kandidat dennoch in Kärnten bleiben und gar kein Nationalratsmandat annehmen will. Er sei den Kärntnern im Wort, strebe keinen Ministerposten an und überhaupt: entweder Kanzler oder Landeshauptmann, darunter geht gar nichts, diktiert Haider großspurig wie in alten, blauen Zeiten in die Mikrofone. Niemand hinterfragt, ob sich der BZÖ-Gründer mit der Rückkehr in die Bundespolitik vielleicht nur ein zweites Eisen im politischen Feuer warmhalten will? Denn man kann nie wissen.
In Kärnten läuft es für Haider prächtig. Das lässt ihn drauf hoffen, sein BZÖ wieder in das Wiener Parlament zu hieven. Schon seit geraumer Zeit teilt er großzügig Benefizien aus: Baby-, Kinder-, Müttergeld, Gratiskindergarten, Teuerungsausgleich, Landes-Billigbenzin. 1 Million hier, 55 Millionen (für Oberkärnten) dort.
Im März 2009 sind in Kärnten auch Landtags-und Gemeinderatswahlen. Alle Umfragen zeigen mit rund 42 Prozent für das BZÖ einen deutlichen Vorsprung vor der SPÖ an, die etwa zehn Prozent dahinter liegt. Bis vor kurzem schien für Haider in Kärnten sogar das Erreichen der absoluten Landesmehrheit möglich.
Doch SPÖ, ÖVP und Grüne beschlossen jetzt ein minderheitenfreundliches Wahlrecht. Haider wird also auch 2009 wieder einen Partner brauchen, um erneut Landeshauptmann werden zu können. Aber SPÖ und ÖVP sind unschlüssig, ob sie Haider überhaupt abwählen wollen. Seine schärfste Konkurrentin, SP-Chefin Gaby Schaunig, hat sich mit ihrem Rücktritt selbst aus dem Spiel genommen. Ihr Nachfolger Reinhart Rohr könnte nur Interimschef bleiben. Denn im Hintergrund ziehen die starken SPÖ-Bürgermeister schon wieder die Fäden. Sie brauchen an der Parteispitze einen, der mit Haider packeln kann, aber gegebenenfalls doch wieder gegen ihn schießt.
Die ÖVP, die bei elf Prozent grundelt, zieht schon jetzt bei den meisten Kärntner Projekten mit Haider mit. Ihr einziger Haider-kritischer Politiker und bisheriger Klubobmann im Kärntner Landtag, Stefan Tauschitz, wurde vom rechten Parteiflügel weggeputscht und kandidiert jetzt für die Nationalratswahl.
Der Posten des Kärntner Regierungschefs dürfte für Haiders Kontrahenten aber ohnehin nicht besonders attraktiv sein. Nachdem Haider nahezu das gesamte Familiensilber verkauft hat, haben sich die Landesschulden in seiner "Modellregion Kärnten" seit 1999 verdoppelt. In wenigen Jahren wird die Kärntner Spitalsfinanzierung, die rund 80 Prozent des außerbudgetären Landeshaushalts ausmacht, an ihre Grenzen gelangen.
Nachdem der letzte Journalist abgefertigt ist, verlässt Haider das Lido und eilt zum Flugzeug. Er muss zu einem TV-Wahlkampftermin nach Wien. - Es wird ein heißer Herbst in diesem Jahr. Kärnten kann warten: "Deinetwegen: Österreich" , so Haiders Wahlkampf-Slogan für die Bundeswahl. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 13.9.2008)