Lawrence White: "Ich mag das Wort 'Rettung' nicht, weil man dann glaubt, dass die Aktionäre und Manager gerettet werden. Das ist nicht der Fall."

Das Gespräch führte Georg Szalai.

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STANDARD: Wie wichtig war die Rettung von Fannie Mae und Freddie Mac durch die US-Regierung?

White: Ich mag das Wort "Rettung" nicht, weil man dann glaubt, dass die Aktionäre und Manager gerettet werden. Das ist nicht der Fall. Die Nutznießer sind die Institutionen und Leute, die Fannie und Freddie Geld geliehen haben. Viele davon sind im Ausland und viele sind Zentralbanken. Die Maßnahme war wichtig, um zu verhindern, dass die Finanzierung von Fannie und Freddie völlig zusammenbricht.

STANDARD: Gab es Alternativen?

White: Nicht wirklich. Aber ich wäre noch weiter gegangen. Ich hätte die Firmen in Regierungshand überstellt und auch gleich ihre Marktnotiz aufgelöst, um Ansprüche von Aktionären zu eliminieren.

STANDARD: Wie sollte die Zukunft von Fannie und Freddie aussehen?

White: Die Rückkehr in ihrer alten Form wäre ein Rezept für die Wiederholung der jetzigen Probleme, also ein großer Fehler. Die öffentliche oder soziale Funktion der beiden - nämlich Erstkäufern von Heimen, die niedrige Einkommen haben, zu helfen - sollte explizit der Regierung übertragen werden. Die Hypothekenabsicherung durch Verbriefung und das Kaufen von Hypotheken könnte wieder Privatfirmen überlassen werden.

STANDARD: Was wäre da anders?

White: Das wären kleinere Firmen, mit mehr Eigenfinanzierung, und sie müssten höhere Kapitalrücklagen haben.

STANDARD: Gab es schon je so einen großen Eingriff einer US-Regierung?

White: Nein, es gibt nichts Vergleichbares in dieser Größe.

STANDARD: Könnte das ein Präzedenzfall für eine größere Rolle der US-Regierung und eine Einschränkung der freien Marktkräfte sein?

White: Ja. Man muss fürchten, dass jetzt auch Autofirmen und Fluglinien sagen werden, sie bräuchten Hilfe. In diesen Industrien wäre das wahrscheinlich nicht nur ein Eingriff zur Absicherung von Geldgebern, sondern die Regierung würde womöglich Darlehen anbieten müssen, während die Besitzer und Manager im Sattel bleiben. Ich bin gegen solche Aktionen.

STANDARD: Wird die Regierungs-Übernahme von Fannie Mae und Freddie Mac den Hypotheken- und Wohnungsmarkt stärken?

White: Nur ein bisschen. Wir haben noch immer ein grundlegendes Ungleichgewicht zwischen Preisen und Nachfrage. Anfang 2007 waren die Preise 20 bis 30 Prozent zu hoch. Seither sind sie um 15 bis 20 Prozent gefallen. Ich erwarte, es wird noch mindestens sechs bis neun Monate dauern, bis der Markt sein Gleichgewicht erreicht hat.  (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.9.2008)