Die Wahrscheinlichkeit, dass die Weltwirtschaft - und nicht nur die Vereinigten Staaten - eine ernste Rezession erleben wird, wächst. Jüngste Entwicklungen legen nahe, dass sich alle G7-Volkswirtschaften bereits in der Rezession befinden oder kurz davor stehen. Andere hoch entwickelte Volkswirtschaften bzw. Schwellenländer nähern sich ebenfalls einer harten Landung. Wenn es dazu kommt, wird es in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) und auch in anderen Schwellenmärkten eine abrupte Konjunkturverlangsamung geben.

Auch in Japan schrumpft die Volkswirtschaft. Dort war bisher aus zwei Gründen - dem starken Export und dem schwachen Yen - ein moderates Wachstum zu verzeichnen. Jetzt sinken die Exporte in die USA, während der Yen aufgewertet hat. Darüber hinaus drücken die hohen Ölpreise - Japan importiert seinen gesamten Ölbedarf - sowie die sinkende Rentabilität und Zuversicht der Unternehmen das Land in die Rezession.

Für andere, kleinere Volkswirtschaften (vor allem die EU-Neumitglieder, die alle hohe Leistungsbilanzdefizite aufweisen) besteht die Gefahr einer plötzlichen Umkehr der Kapitalzuflüsse; in Lettland und Estland, aber auch in Island und Neuseeland ist diese möglicherweise bereits eingetreten.

Die Rezession in den G7-Staaten wird zu einer abrupten Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in den Schwellenmärkten führen und mit hoher Wahrscheinlichkeit die Weltwirtschaft insgesamt in die Rezession stürzen. Vom Export in die USA und nach Europa abhängige Volkswirtschaften mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen (China, der größte Teil Asiens sowie die meisten anderen Schwellenmärkte) werden von der Rezession in den G7-Staaten in Mitleidenschaft gezogen werden. Jene mit hohen Leistungsbilanzdefiziten (Indien, Südafrika und mehr als 20 Volkswirtschaften in Osteuropa, von den baltischen Staaten bis hin zur Türkei) werden unter der globalen Kreditverknappung leiden. Die Rohstoffexporteure (Russland, Brasilien und andere Länder des Nahen Osten, Asiens und Lateinamerikas) werden leiden, da die Rezession in den G7-Staaten und die globale Konjunkturabschwächung die Energie- und sonstigen Rohstoffpreise um bis zu 30 Prozent nach unten drücken dürften.

Länder, die eine Aufwertung ihrer Währungen gegenüber dem Dollar zugelassen haben, werden eine deutliche Verlangsamung ihres Exportwachstums erleben. Jene mit steigenden, nunmehr zweistelligen Inflationsraten werden die Zinsen erhöhen müssen, während in anderen Ländern mit hoher Inflation die Konkurrenzfähigkeit des Exportsektors sinken wird.

Natürlich machen sich alle G7-Notenbanken Sorgen über den vorübergehenden Anstieg der Gesamtinflation, und alle drohen mit Zinserhöhungen. Trotzdem wird die Gefahr einer schweren Rezession - und einer ernsten Banken- und Finanzkrise - die Notenbanken aller G7-Staaten letztlich zu Zinssenkungen zwingen. Das Problem ist, dass diese Lockerung der Geldpolitik vor allem außerhalb der USA erst erfolgen wird, wenn sich die Rezession in den G7-Staaten und weltweit verfestigt hat. Die Anpassung der Notenbankpolitik wird also nicht ausreichend stark ausfallen, und sie wird zu spät kommen, um die Rezession zu verhindern. (©Project Syndicate, 2008. Übersetzung: Jan Doolan; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.9.2008)