Wien - Karl Schönherrs Beziehungsdrama Der Weibsteufel hat am Wiener Akademietheater eine wunderbare Gesundschrumpfung erfahren - zu seinem umjubelten Besten. Denn das drückende Tiroler Hochalpenklima, das die erotischen Reize einer jungen Schmugglersfrau (Birgit Minichmayr) zum bloßen Spieleinsatz zwischen zwei eigensüchtigen Bergriesen macht, wurde auf Martin Zehetgrubers ingeniöser Bühne unter einem Riesenstapel Baumstämme begraben.
Auf lauter schmalen Stegen balanciert die famose Minichmayr. Sie entwickelt Trotz und Eigensinn und widersetzt sich ihrem ungeschlachten Mann (Werner Wölbern) noch dann, wenn sie seinen Wünschen zu willfahren vorgibt.
In Regisseur Martin Kušejs schematisierender, darum umso überzeugenderen Personenführung erwacht der uniformierte Gegenspieler (Nicholas Ofczarek) aus der Albin-Egger-Lienz-Pose des ländlichen Verführers zu spröde flackerndem Leben.
Drei Menschenkinder werden flügge; die Umworbene wird zur Werberin - und tanzt als trunkene Sylphe, tändelnd und terrorisierend, auf dem Scherbenhaufen der überkommenen Geschlechterordnung. Zu lernen gibt es während fantastischer eineinhalb Stunden einiges: etwa, dass Martin Kušej ein großer Frauenrechtler ist! (Ronald Pohl/DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2008)