La Paz/Tegucigalpa - Nach tagelanger Gewalt mit mindestens 15 Toten und Dutzenden Verletzten haben die bolivianische Regierung und die Opposition den Beginn eines Dialogs zur Beilegung der Staatskrise vereinbart. "Wir haben unser erstes Ziel, einen Gesprächskanal zu öffnen, erreicht", zitierte die Zeitung "La Razon" am Samstag den oppositionellen Präfekten des Departements Tarija, Mario Cossio, nach einem sechsstündigen Gespräch mit Vize-Präsident Alvaro García Linera in La Paz.

Zeitgleich mit dem Beginn der Gespräche hatte die Regierung den Ausnahmezustand über das Departement Pando verhängt. Damit waren dort das Tragen von Waffen verboten und die Versammlungsfreiheit eingeschränkt worden. Polizei und Militär erhielten erweiterte Vollmachten. In der Urwaldregion Pando waren seit Donnerstag mindestens 15 Menschen bei Kämpfen zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung getötet worden.

Der Präfekt Cossio, der als Vertreter der fünf oppositionellen Regionen Tarija, Santa Cruz, Beni, Pando und Chuquisaca auftrat, sagte nach dem Gespräch in La Paz, er hoffe, dass die Vereinbarung in einen dauerhaften Dialog und einen nationalen Pakt zur Überwindung der Probleme münden werde. Beide Seiten hätten die Bereitschaft zu einer Versöhnung und zu einem sofortigen Ende der Gewalt bekräftigt.

Umverteilung als Funke

Kern des Konflikts ist der Versuch des linksgerichteten Präsidenten Evo Morales, den Wohlstand aus dem rohstoffreichen Osten und Süden des Landes zugunsten der vor allem im westlichen Hochland lebenden Indios umzuverteilen.

Das bolivianische Militär verwahrte sich unterdessen gegen Drohungen des Morales nahe stehenden venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, er werde im Falle eines Putsches gegen Morales bewaffnete Widerstandsgruppen in Bolivien unterstützten. "Die Streitkräfte weisen jede ausländische Einmischung zurück und werden das Eindringen ausländischer Militärs verhindern", warnte Luftwaffengeneral Luis Trigo als Kommandeur der bolivianischen Streitkräfte.

Die venezolanische Regierung kündigte nach der Ausweisung des US-Botschafters Patrick Duddy eine "Überprüfung der Beziehungen jeder Art" zu Washington an. Die Ausweisung sei nur eine erste Antwort auf "die wiederholten Feindseligkeiten der Regierung der USA gegen das venezolanische Volk" gewesen, sagte Außenminister Nicolas Maduro in Caracas.

Außerdem habe die Regierung aus Solidarität zu Morales gehandelt. Morales hatte zuvor den US-Botschafter in La Paz, Philip Goldberg, wegen des Vorwurfs ausgewiesen, er habe die Unruhen angefacht. Die USA hatte daraufhin auch die Botschafter Boliviens und Venezuelas ausgewiesen.

Auch der Präsident des mittelamerikanischen Landes Honduras, Manuel Zelaya, solidarisierte sich mit Morales und weigerte sich, das Beglaubigungsschreiben des neuen US-Botschafters Hugo Llorens in Tegucigalpa entgegenzunehmen. Zelaya betonte jedoch, dass dies nicht den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu den USA bedeute. Honduras war erst vor kurzem dem von Venezuela angeführten und gegen die USA gerichteten Staaten-Bündnis Alba beigetreten.

Übereinstimmungen festgestellt

Nach dem Gesprächsbeginn in Bolivien sagte der Vize-Minister für die Dezentralisierung, Fabian Yaksic: "Wir haben Übereinstimmungen festgestellt und die Fortschritte werden nun innerhalb der Regierung und mit den Regionen erörtert." Bei dem Gespräch mit Cossio sei es auch um Fragen der umstrittenen Finanzierung einer Rente für alle Bolivianer ab 60 Jahren gegangen.

Die Rente wird bisher aus den Einnahmen aus der Erdgas- und Erdölförderung in den oppositionellen Regionen im Osten und Süden des Landes finanziert. Diese Departements fordern die Abgaben jedoch für ihren eigenen Regionalhaushalt ein, was die gewalttätigen Proteste ausgelöst hatte.

Daneben verlangt der oppositionelle Demokratische Nationalrat (Conalde) die Ankerkennung regionaler Autonomiestatute, die Morales bisher als verfassungswidrig betrachtet, eine Änderung des Entwurfes der neuen Verfassung sowie Gespräche über die wirtschaftliche Lage und Fragen der Bekämpfung des Drogenschmuggels. Yaksic deutete an, dass an einem weiteren Treffen an diesem Sonntag eventuell auch Morales teilnehmen werde. (APA/dpa)