Güssing - Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Diese alte Weisheit hat sich auch bei der Wahlkampftour von ÖVP-Spitzenkandidat Wilhelm Molterer am Donnerstag in Güssing bestätigt. Gleich zum Auftakt seines Besuches im Südburgenland bekam er von Landesparteichef Franz Steindl "die burgenländische Staatsbürgerschaft" in Form einer Krawatte in den Landesfarben gelb rot überreicht. Der Vizekanzler ließ sich nicht lange bitten und band das Kleidungsstück gleich um.

Weiter geht's zu einem gemeinsamen Mittagessen mit den Honoratioren der Gemeinde, lokale ÖVP-Politiker, Komandanten von Polizei und Feuerwehr etc. Und wieder gibt es ein Präsent für den in der Zwischenzeit etwas legerer - ohne Krawatte - auftretenden ÖVP-Obmann, diesmal einen Geschenkkorb mit Köstlichkeiten aus der Region, etwa Uhudler und burgenländisches Kernöl - "damit es geschmiert läuft".

Karenz-Pool

Nächste Station ist die Polizeidienststelle in Güssing. Von den Kommandanten und Personalvertretern des Bezirkes wird er freundlich mit Applaus begrüßt. Trotz aller Freundlichkeit bekommt der Vizekanzler neben einer Präsentation der guten Sicherheitsbilanz und der Leistungen der Polizisten auch Wünsche und Anregungen aufgetischt. Da geht es um Planstellen und die Angst vor Zwangsversetzungen. Molterer versucht zu beruhigen und zeigt Verständnis dafür, dass die Polizisten in der Region bleiben wollen. Er kündigt die Schaffung eines Karenz-Pools und eine Entlastung von Verwaltungstätigkeiten an und wenn dann nach der Schengen-Evaluierung noch zusätzliche Leute nötig sein sollten, "wird es nicht scheitern". Der Vizekanzler hört aufmerksam zu, dankt den Polizisten, dass sie "den Schädel hinhalten", er gratuliert zur ausgezeichneten Bilanz und erkundigt sich nach der Kooperation mit den ungarischen Kollegen und dem Funktionieren der Schleierfahndung. Zum Abschied gibt's dieses Mal kein Geschenk, sondern ein Gruppenbild mit dem Vizekanzler.

Auf dem kurzen Fußweg zum Kindergarten macht der Tross einen kurzen Zwischenstopp in einer zu einer kleinen Werkstatt umfunktionierten Garage. Von dem hier werkenden Arbeiter lässt sich der ÖVP-Spitzenkandidat erklären, wie die Mähmesser geschliffen werden. "Des hättest dir auch nicht gedacht, dass du heute noch so hohen Besuch bekommst", raunt dem Mann Wahlkreis-Spitzenkandidat Franz Glaser zu. "Na", ist alles, was der leicht verdutzte Arbeiter herausbringt.

"Bravo"

Keine Scheu vor dem prominenten Gast kennen die Kleinen im Kindergarten. Sofort hat ihn ein Bub an der Hand, um ihm seinen Platz und die Spiele zu zeigen. Ein anderer Bub zeigt ihm sein aufgeschlagenes Knie und ein weiterer hält ihm die selbst angefertigten Zeichnungen unter die Nase. Der Vizekanzler bestaunt den "Wau Wau" und blättert mit den Kindern im Malbuch. Als sie darin ein Labyrinth finden, in dem sich eine Kuh verirrt hat, und ein Kind es in kürzester Zeit schafft, das Tier auf den richtigen Weg zu bringen, gibt es von Molterer Applaus und ein lautes "bravo". Ein anderer Bub erweckt mit seinem Sturm-Graz-Leibchen die Aufmerksamkeit des ÖVP-Obmannes. Im Gespräch mit Molterer erzählt er, dass er Fußballer ist und auch schon Tore geschossen habe. Die Geschenke bringt der Vizekanzler hier selbst mit: Buntstifte aus dem Fundus der ÖVP-Wahlwerbemittel finden reißenden Absatz. Nicht ganz so offenherzig empfangen wird der Vizekanzler dann einen Stock höher in der Krippe der bis Drei-Jährigen. Die beiden kleinen Mädchen hier zeigen kein Interesse für den ÖVP-Obmann und lassen sich auch nicht erweichen, ihre Namen zu nennen.

Nicht sehr beliebt hat sich der Vizekanzler offenbar bei einer der Kindergarten-Pädagoginnen gemacht. Sie beklagt sich, dass der Vizekanzler mit ihr nicht gesprochen hat. Dabei hätte sie ihn gerne auf die Schließung der Schule in ihrem Heimatort Eberau angesprochen. Bestätigt in seiner Auffassung, das die Kleinen am besten schon im Kindergarten die deutsche Sprache lernen, fühlt sich Molterer dadurch, dass in dem Kindergarten auch rund zehn ungarische Kinder betreut werden. Die Pädagogin erzählt, dass sie in kürzester Zeit deutsch gelernt haben. Umgekehrt nehmen aber Österreicher die Möglichkeit nicht in Anspruch, ihre Kinder in ungarische Kindergärten zu schicken, um ihnen das Erlernen der Sprache des Nachbarlandes zu ermöglichen.

Nach einer internen Veranstaltung in Stinatz lässt der ÖVP-Spitzenkandidat dem Wahlkampf-Tag dann in Wien ausklingen. Beim Oktoberfest der Christgewerkschafter genehmigte er sich noch ein Bier bevor er beim Tag der Industrie noch einen Festvortrag zu halten hat. (APA)