Irgendwie kann man die ÖVP ja verstehen. Der Wahlkampf dreht sich seit Wochen nur um das von SPÖ-Chef Werner Faymann vorgegebene "Fünf-Punkte-Teuerungspaket". FPÖ, Grüne und BZÖ geben sich abwechselnd als Mehrheitsbeschaffer her. Wer kann es einem da verübeln, wenn allmählich Rachegedanken aufkommen.

Einer davon dreht sich seit letztem Freitag um die Abschaffung bzw. Reduzierung der Arbeiterkammer-Umlage für kleine Einkommen. Auch wenn man vorher treuherzig versicherte, man werden nur Anträge unterstützen, die man selbst eingebracht hat, wurde dann im hektischen Sitzungsfinale doch mit Blau-Orange gestimmt. Theoretisch könnten die drei Parteien also noch vor der Wahl die Umlage senken.

Das Problem ist nur: Zu Ende gedacht scheint die schwarze Strategie nicht zu sein. Die schwarzen Arbeiterkämmerer sind bei dieser Frage auf einer Linie mit ihren roten Kollegen und legen sich bereits quer. ÖVP-Klubchef Wolfgang Schüssel wird sich deshalb wohl schwertun, seine Fraktion vom Sinn dieser Maßnahme zu überzeugen.

Außerdem ist der Kurs auch nicht ganz nachvollziehbar. Da wirft man der SPÖ "Husch-Pfusch-Aktionen" vor und will dann selbst in einer Nacht-und-Nebel-Aktion solch weitgehende Änderungen beschließen? Und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommt es wohl nicht sehr gut an, die Arbeitnehmervertretung zu schwächen. Was man aber sehr wohl diskutieren könnte: Wie unabhängig ist die Arbeiterkammer tatsächlich? Und wie kommt es, dass sie im Gegensatz zu allen (unabhängigen) Experten immer die SPÖ-Argumentation unterstützt? (DER STANDARD, Printausgabe, 15.9.2008)