Personalisten erheben "lebenslanges Lernen" zum Prinzip.

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Berufsbegleitende Weiterbildung ist so wichtig wie nie zuvor. "Lebenslanges Lernen" ist nicht nur ein leeres Schlagwort, sondern bei bestimmten Berufen ein absolutes Muss, diagnostizieren heimische Personalisten unisono gegenüber derStandard.at. Zu viele Kurse oder der "DDDr." können allerdings die Erfolgsaussichten schmälern. Genausowenig werden Fortbildungen im Bereich Soft Skills oder "alternative" Maßnahmen wie Yoga, Manager-Boxen & Co. ohne wenn und aber honoriert.

"Extrem wichtig" ist berufsbegleitende Weiterbildung für Erich Pichorner, Geschäftsführer von Manpower. "Regelmäßige fachliche Fortbildung" müsse im Lebenslauf ersichtlich sein: "Entweder mindestens ein Kurs pro Jahr oder alternativ eine mehrjährige Ausbildung (MBA oder eine berufsbegleitende FH)." Bei der Personalrekrutierung werde größten Wert darauf gelegt. "Es ist vor allem auch bei Kandidaten über 40 unerlässlich, um zu belegen, dass sie auf der Höhe der Zeit sind", sagt Pichorner. Es müsse auf alle Fälle eine "persönliche Weiterentwicklung" erkennbar sein. Beim Bereich Soft Skills rät er zur Vorsicht: "Sie zählen zwar mit, geben allerdings auch Hinweise auf persönliche Schwachstellen." Kurse über Stressbewältigung oder Konfliktmanagemant sollte man nicht unbedingt im Lebenslauf anführen.

Nach Grundausbildung ist Weiterbildung sekundär

Bewerber sollten auch nicht mit "alternativen Weiterbildungsmaßnahmen" hausieren gehen. "Wird in einem Betrieb auf 'männliches' Auftreten Wert gelegt, werden Yoga-Kandidaten leicht belächelt", so Pichorner. Generell kommt es einfach auf die Balance an: "Ich habe einmal eine Kandidatin Ende Dreißig interviewt, die eine Uni-Ausbildung nach der anderen erfolgreich abgeschlossen hat, aber nie länger als drei Monate in einem Unternehmen gearbeitet hat." Solche Leute hätten "wenig Nutzen" für eine Firma, denn: "Nach dem Abschluss der Grundausbildung muss das Umsetzen im Vordergrund stehen." Weiters werde es von Personalchefs nicht goutiert, wenn Kandidaten über Jahre hinweg jeden Tag nach der Arbeit Kurse besuchen. Das lasse Rückschlüsse auf "mangelnde soziale Kompetenzen" und Beziehungsfähigkeit zu. "Was sagt denn der Partner dazu?".

Nicht Luxus sondern Notwendigkeit

"Weiterbildung ist kein Luxus sondern eine absolute Notwendigkeit für die persönliche und allgemeine Wertschöpfung", konstatiert Personalberaterin und Managementcoach Ute Muellbacher, die dabei den "roten Faden" einmahnt. Berufsbegleitendes Lernen müsse "effektiven, unmittelbaren Nutzen" für das Unternehmen bringen. "Die Leistungsbereitschaft und die Arbeitszeiten im Job dürfen jedoch nicht darunter leiden", sagt Muellbacher. Das Zeitbudget für Bildung müsse aus der Freizeit kommen und dürfe die Flexibilität nicht unterminieren: "Bei den meisten Jobs können auch regelmäßige Frühabendseminare zum Problem werden."

Den Fokus bei der Rekrutierung legt Muellbacher auf Personen, die "wissbegierig sind und Dinge bewegen wollen". In Bezug auf die Qualifikationen meint sie, dass "vor allem Sprachen, interkulturelle Kompetenzen und persönlichkeitsbezogene Skills" von Bedeutung wären. In Firmen, wo "Stunt-Workshops, Fliegenfischen & Co" als Mittel zur Weiterbildung zum Einsatz kommen, gehe es primär um Motivationsspritzen und um die Förderung von Nachwuchskräften. Maßnahmen wie zum Beispiel Incentives würden sich dazu eignen, um Mitarbeiter längerfristig an einen Betrieb zu binden.

Reputation der Ausbildungsstätte

"Generell positiv" sieht Michaela Wessely vom ISG Personalmagement berufsbegleitende Weiterbildung. "Besonders fachspezifische" stehe hoch im Kurs. Aufgrund der Fülle an Angeboten und postgradualen Studiengängen müsse man mittlerweile aber differenzieren: "Die Reputation des Ausbildungsinstitutes ist dabei ein wesentlicher Faktor." Zusätzliche Qualifikationen hält Wessely in allen Branchen für essenziell. In manchen wie etwa in der Medizin oder Pharmaindustrie sei es allerdings ein absolutes Muss, da aufgenommenes Wissen in kürzester Zeit schon wieder obsolet ist.

Detto werde bei "finanzwirtschaftlichen, beratenden, technischen oder IT-Positionen" bei der Personalauswahl auf stetige Fortbildung geachtet. "Alternative" Weiterbildungsmaßnahmen bei potenziellen Mitarbeitern signalisieren, dass der Kandidat "wissbegierig und motiviert" ist, meint Wessely, die aber fachspezifische Qualifikationen für viel notwendiger hält.

Die Lücke füllen

Für Karl Piswanger, Geschäftsführer von "Pendl & Piswanger Personal & Managementberatung", wird "zielgerichtete" berufsbegleitende Weiterbildung immer wichtiger. "Bei der Personalrekrutierung wird insofern darauf geachtet, dass die entsprechenden fachlichen und Soft-Skill Lücken erkannt und durch Weiterbildungsmaßnahmen geschlossen werden", sagt Piswanger. Und zwar "binnen sechs bis zwölf Monaten." Branchenspezifische Charkateristika kann er keine identifizieren: "Es gibt keinen Bereich, wo Weiterbildung keine wichtige Rolle spielt."

Piswanger ortet in Führungs- und Vetriebspositionen momentan einen klaren Trend: "Wir sind der Meinung, dass Soft Skills immer wichtiger werden und einen echten Mehrwert für Unternehmen darstellen." Als sehr starke "Modeerscheinung, die sich wenig rechnet", bezeichnet Piswanger alternative Weiterbildungsmaßnahmen. Dies seien meist "wenig zielgerichtet und stark auf der Motivationsebene angesiedelt." Unternehmen rät der Personalist, dass sie die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter im Auge behalten und steuern sollten. Als Konsequenz von intensiven Ausbildungen könne natürlich auch die Leistungsfähigkeit leiden.

Einstellung gegenüber dem Lernen

Um den Anforderungen im Beruf gerecht zu werden, sei Weiterbildung "so wichtig wie noch nie zuvor", ist Sabine Wölbl von "Powerfrauen HR Managament Consulting" überzeugt. Bei der Personalrekrutierung werde auf die Einstellung der Kandidaten gegenüber dem Lernen geachtet: "Wie steht es um die Motivitation, welche Kurse werden bevorzugt." Die "Pflicht" zur permanenten fachlichen Weiterbildung besteht für sie in Berufen wie etwa Controlling und Finanzen.

"Generell gewinnen soziale und kommunikative Fähigkeiten überall und in jeder Branche an Bedeutung", meint Wölbl, dass Soft Skills gefragter denn je seien. Die Frage, ob es zu viel Weiterbildung gebe, verneint sie: "Wenn jemand aus Leidenschaft eine Vielzahl an Kursen besucht, ist dies zumindest ein Zeichen für mich, dass diese Person auch am Arbeitsplatz weiterlernen will." In so einem Fall wären Unternehmen mit dem Problem konfrontiert, ob sie das überhaupt anbieten oder erfüllen können.

Auf die Mischung kommt es an

"Up-to-date zu sein, zählt zum must-have", meint Wolfgang Rom, Personalberater bei "Personal Consulting". Berufsbegleitende Weiterbildung habe in den vergangenen zehn Jahren aufgrund der kurzlebigen Zeit und der technischen Entwicklungen enorm an Bedeutung gewonnen. Die ständigen Veränderungen hätten unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Ein Beispiel sei natürlich die IT-Branche, wo Weiterentwicklung quasi an der Tagesordnung stehen müsse. Bei der Personalrekrutierung hat Rom die "stetige Weiterbildung" im Auge. "Ideal wäre eine Mischung aus Soft Skills wie Führung oder Persönlichkeitsentwicklung und fachlicher Qualifikation", so Rom.

"Durchaus willkommen" sind für Rom Maßnahmen al la Yoga & Co. Nicht mehr und nicht weniger, denn derartige Kurse werden "weder honoriert noch sanktioniert". Bei Fortbildung kommt es auf die Dosis an, ist Rom überzeugt: "Es ist immer dann zu viel, wenn es zum Selbstzweck wird." Zum Beispiel wenn es rein um die Sammlung von akademischen Titeln wie etwa DDDr. gehe. Das wäre so zeitintensiv, dass die "Produktivität und die Einsatzfähigkeit" nicht mehr gegeben seien. "Es bringt überhaupt nichts, einen Kurs nach dem anderen zu belegen und theoretisches Wissen anzuhäufen, das in der Praxis dann nie oder kaum zur Anwendung kommt", sagt Rom. (om, derStandard.at, 22.9.2008)