Bild nicht mehr verfügbar.

Die 8000 Einwohner zählende Tiroler Gemeinde Wattens gibt sich angesichts von Jobkürzungen bei Swarovski dennoch weitgehend optimistisch

Foto: APA/Böhm

Mit dem Verweis auf weitere Investitionen machen die Bewohner sich gegenseitig Mut.


Wattens - "Wenn Unternehmen wegen der schlechten Wirtschaftslage abbauen, dann müssen eben Mitarbeiter gehen" , sagt Siegfried Koidl. Der 83-jährige Wattener weiß, wovon er spricht. "Ich war selbst 40 Jahre drüben", erzählt er und zeigt in Richtung Fabrik. Während er bei Swarovski gearbeitet habe, sei sechsmal Personal abgebaut worden, erzählt er, das gehöre zum Arbeitsleben dazu. Er selbst habe aber nie seinen Job verloren.

Etwas über 8000 Einwohner leben in Wattens, wo der Stammsitz, aber auch Werk I und II des Swarovski-Imperiums sind. Das Unternehmen, das vergangenen Mittwoch den Abbau von 290 weiteren Mitarbeitern und damit von insgesamt 740 Personen im Jahr 2008 bekanntgab, beteuert, weiterhin zur "Tiroler Heimat" zu stehen, und untermauert dies mit einer Investition von 180 Millionen Euro noch in diesem Jahr. Und das trotz Produktionsstätten in Litauen, Tschechien, Indien oder Thailand.

Sozialwohnungen für bedürftige Mitarbeiter

"Sie sind gute Arbeitgeber" , betont Pensionist Koidl. "So sozial." Es gebe in der Nähe der Fabrik 400 Werkswohnungen. Der Betriebsrat entscheide zusammen mit dem Management, wer "so bedürftig sei, dass er eine günstige Wohnung erhalte" . Swarovski baue mit der eigenen gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft Landheim auch neue Wohnprojekte, erklärt dazu Swarovski-Personalchef Hans-Peter Marmsoler.

"Die Weltwirtschaft geht den Bach hinunter" , analysiert Waltraud Gruber auf dem Weg von der Swarovski-Straße zu ihrem Arbeitsplatz: "Und die Steinchen sind Luxus." Sie selbst arbeitet nicht in der Fabrik, sondern bei der Lebensmittelkette M-Preis im Ort, einige ihrer Freundinnen "gehen aber Steinchen sortieren" . Daher wisse sie schon länger, dass Kündigungen ins Haus stehen. Aber darüber "redet man nicht, bei so einem Arbeitgeber" . Eine Freundin habe finanzielle Probleme gehabt und dann zusätzliche Schichten am Wochenende übernommen. Somit habe "die Kassa wieder gestimmt".

Offiziell heißt das im Unternehmen: "Angeordnete Überstunden in Zeiten erhöhten Arbeitsumfanges" , erklärt Personalchef Marmsoler. Zweifellos würden aber ungelernte Arbeiter gut verdienen, auch wegen der Erfolgsprämie, die das Unternehmen einmal pro Jahr an jeden Mitarbeiter ausschütte. "Immerhin im Durchschnitt ein Monatslohn", sagt Marmsoler. Dazu kämen die Betriebspension, der Mittagstisch um 2,30 Euro oder auch der gratis Werksbus. "Außerdem gibt es noch Vergünstigungen, über die wir nicht sprechen", meint Personalchef Marmsoler.

Kreisverkehr und Fußball-Sponsoring

"Man muss sich eh wundern, dass die Firma schon so lange funktioniert", grübelt eine ältere Dame, die ihren Namen nicht verraten will: "Aber die Familie Langes-Swarovski ist ja nicht unbekannt, und sie werden sich schon gut mit den Politikern verstehen." Sie betont, was die Gemeinde dem Unternehmen alles verdanke, den Kreisverkehr etwa und auch den Fußballverein, den WSG Swarovski Wattens. Vor allem die Kristallwelten, ein "Glitzersteinchen-Museum", das 1995 zum Hundert-Jahre-Firmenjubiläum errichtet wurde, brächten viele Touristen.

Solange Kräne stehen und gebaut werde, müsse das Geschäft mit den Steinchen wohl noch ganz gut gehen. Einzig, dass es ihre Nichte, die in der Fabrik arbeitet, bei den Kündigungen "wohl fressen werde", stört die Dame. Aber diese sei noch jung, wirklich schlimm sei eine Kündigung, wenn man gerade eine Wohnung gekauft habe.  (Verena Langegger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.9.2008)