New York  - Im US-Finanzsektor ist es in der Nacht auf Montag zu massiven Umwälzungen gekommen. Nachdem Rettungsversuche gescheitert waren, erklärte sich die krisengeschüttelte US-Investmentbank Lehman Brothers für insolvent.

Fast zeitgleich gab einer der potenziellen Käufer des Kreditinstituts, die Bank of America, die Übernahme des Konkurrenten Merrill Lynch für 50 Milliarden US-Dollar (35,5 Mrd. Euro) bekannt (siehe Artikel).

Gläubigerschutz

Lehman teilte mit, dass Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Konkursrechts beantrage. Diese Regelung erlaubt Unternehmen die Sanierung bei laufendem Betrieb, ohne Gläubiger bedienen zu müssen. Experten erwarten bei einem Konkurs der traditionsreichen US-Bank massive Turbulenzen im US-Finanzsektor.

Noch vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers kündigte die US-Notenbank Fed eine Reihe von Initiativen zur Unterstützung der Finanzmärkte an. Damit solle die Liquidität der Primärhändler und der Finanzmärkte allgemein verbessert werden, erklärte Fed-Chef Ben Bernanke am Sonntagabend (Ortszeit). Unter anderem will die Fed zusätzliche Arten von Sicherheiten als Gegenleistung für Geld der Notenbank akzeptieren.

Hilfsfonds internationaler Banken

Kurze Zeit später gaben zehn große internationale Banken bekannt, einen mit 70 Milliarden US-Dollar (49,8 Mrd. Euro) dotierten Hilfsfonds einrichten zu wollen, der Kreditinstitute vor Liquiditätsengpässen bewahren soll. Unter anderem solle für einen geordneten Ablauf im Zusammenhang mit den Problemen der angeschlagenen US-Bank Lehman Brothers gesorgt werden. Bei den zehn Instituten handelte es sich um Bank of America, Deutsche Bank, Credit Suisse, UBS, Barclays, Morgan Stanley, Citibank, Goldman Sachs, JPMorgan und Merrill Lynch.

Krise bei AIG verschärft

Auch die Krise beim Versicherungskonzern AIG verschärfte sich am Sonntag dramatisch. Medienberichten zufolge bat die AIG die US-Notenbank um kurzfristige Finanzhilfe. AIG-Chef Robert Willumstad habe am späten Sonntagabend Kontakt zur Fed aufgenommen, berichteten der TV-Sender CNBC und das "Wall Street Journal" übereinstimmend. Der Vorgang sei als Überbrückungsmaßnahme gedacht. AIG wolle das Geld mit dem Verkauf von Vermögen zurückzahlen. AIG nahm zu den Berichten zunächst nicht Stellung.

Die Versicherung hat infolge der Kreditkrise deutliche Kursverluste hinnehmen müssen. Der Zeitung "New York Times" zufolge drohten Rating-Agenturen damit, noch am Sonntag (Ortszeit) AIG herabzustufen. Als Folge könnten Geschäftspartner ihr Kapitel abzuziehen. In diesem Fall könne die Versicherung noch 48 bis 72 Stunden überleben, berichtete das Blatt weiter. Am Wochenende hatte die "Sunday Times" von Vermögen im Wert von 20 Milliarden Dollar (14,2 Mrd. Euro) berichtet, das AIG abstoßen wolle. Zu den potenziellen Käufern gehörten die Münchener Rück und Swiss Re, hieß es weiter. Von den Unternehmen äußerte sich zunächst niemand. (APA/Reuters/AFP)