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Wissenschaftsminister Johannes Hahn: Die Abschaffung der Zugangsbeschränkungen wären ein "offenes Scheunentor für unsere nördlichen Nachbarn".

Foto: apa/neubauer

Wien - Die einen sehen darin ein Entlastungspaket für Österreichs Studierende, der andere - ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn nämlich - nichts weniger als einen "Anschlag auf die österreichische Wissenschaftslandschaft". Fest steht: Die Forderungen, die SPÖ, Grüne und FPÖ als gemeinsamen Antrag bei der Parlamentssitzung am Freitag eingebracht haben, gehen ordentlich ins Geld.

Die Universitäten sollen nicht nur den Wegfall der Studiengebühren (rund 150 Millionen Euro) ersetzt bekommen, auch der Mehraufwand durch den geforderten Wegfall der Zugangsbeschränkungen müsse den Unis abgegolten werden. Dies würde laut Grünen-Bildungssprecher Kurt Grünewald nochmals mindestens 200 Millionen Euro kosten. Geht es nach SPÖ, Grünen und FPÖ, sollen ab 2009 jährlich mindestens 350 Millionen zusätzlich an die Unis fließen.

Und so sieht der am Freitag im Parlament eingebrachte Drei-Parteien-Antrag im Detail aus:

Studiengebühren: Die 363 Euro pro Semester muss künftig nur bezahlen, wer die vorgesehene Studienzeit pro Abschnitt bereits um zwei Semester überschritten hat. Davon gibt es aber eine Reihe von Ausnahmen, etwa bei Krankheit, Schwangerschaft, Kindererziehung oder Erwerbstätigkeit. Nicht-EU-Ausländer sollen künftig 363 statt bisher 726 Euro bezahlen.

Zugangsbeschränkungen: Der Paragraf 124b des Universitätsgesetzes erlaubt den österreichischen Unis, die Zahl der Studierenden in den Fächern Human-, Tier- und Zahnmedizin, Pharmazie, Betriebswirtschaft, Biologie, Psychologie und Publizistik zu beschränken. Laut Drei-Parteien-Antrag soll dieser Paragraf - mit Ausnahme der Medizin-Fächer - gestrichen werden.

Finanzielle Absicherung der Unis: Die durch die Streichung von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen entstandenen Mehrkosten müssen den Unis laut Gesetzesantrag verbindlich aus dem Bundeshaushalt ersetzt werden. Die Ersatzleistung resultiert aus den tatsächlichen Studierendenzahlen und den von den Unis nachgewiesenen Mehrkosten.

Mit diesen drei Punkten ist es für SPÖ, Grüne und FPÖ aber noch nicht getan. Mit einem Entschließungsantrag legten sie der (zukünftigen) Regierung nahe, das Budget für den tertiären Bildungssektor bis 2020 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben - der gleiche Antrag wurde bereits im Herbst von allen Parteien gemeinsam verabschiedet. Nochmals 200 Millionen Euro sollen so in die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Studierende fließen. In Summe würde die Drei-Parteien-Wunschliste also rund 550 Millionen Euro verschlingen.

Wissenschaftsminister Hahn hat kein Verständnis für die rot-grün-blauen Wünsche. Zu viele Köche würden hier den bildungspolitischen Brei verderben, sagte Hahn am Montag zum Standard: "Anscheinend haben alle die gegenseitigen Forderungen akzeptiert, um zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen."

Die Abschaffung der Zugangsbeschränkungen wären ein "offenes Scheunentor für unsere nördlichen Nachbarn", meint Hahn. Für die 1000 Wiener Publizistik-Plätze habe es heuer etwa 2000 Bewerber gegeben. Würden die alle genommen, bräuchte man zusätzliche Räume und Professoren - "und die wachsen auch nicht auf dem Baum". Der Wissenschaftsminister bangt daher um die Qualität der universitären Ausbildung, sollte das Paket bei der nächsten Nationalratssitzung am 24. September tatsächlich beschlossen werden. Er will jedenfalls "bis zur letzten Sekunde für die Qualität der Unis kämpfen".(Andrea Heigl Katharina Weißinger/DER STANDARD-Printausgabe, 16. September 2008)