Brüssel - Die seit 2005 geltende EU-Besteuerungs-Richtlinie für Zinserträge im EU-Ausland hat zu keinen nennenswerten Änderungen im Sparverhalten der EU-Bürger geführt. Die Richtlinie funktionierte im vorgesehenen Rahmen ohne Probleme. Allerdings sei eben dieser Rahmen zu eng gesetzt, die Richtlinie sollte deutlich auf Stiftungen, Trusts und weit verbreitete Anlageprodukte wie Aktien-Investmentfonds und Lebensversicherungen ausgedehnt werden.

Das ist das Ergebnis des ersten Berichts der EU-Kommission zur Zinsertrags-Besteuerungsrichtlinie. Die Kommission wird Ende Oktober ihre Vorstellungen für eine Novelle präsentieren.

Vor allem Deutschland, aber auch Frankreich und Italien sind nach den Liechtenstein-Steuerskandalen daran interessiert, dass sie auch Zinsertragssteuern bekommen, wenn ihre Bürger ihr Geld im Ausland anlegen.

Dazu gibt es das Informationsabkommen: Legt ein Deutscher in Frankreich sein Geld an, wird das deutsche Finanzamt von den Franzosen benachrichtigt. Drei EU-Länder - Österreich, Belgien und Luxemburg - beteiligen sich aber wegen ihres Bankgeheimnisses nicht an der Informationsweitergabe. Sie ziehen den EU-Bürgern eine Quellensteuer von derzeit 20 Prozent der Zinserträge ab.

Allerdings sind bisher beliebte Anlageprodukte wie eben Aktien und Aktieninvestmentfonds, Lebensversicherungen und spezielle Investmentvehikel wie österreichische Privatstiftungen von der Richtlinie ungenügend berücksichtigt. Das soll sich mit der Novelle ändern.

Vor allem Österreich und Luxemburg wollen am bestehenden Bankgeheimnis festhalten - mit dem Argument, dass sonst die Anleger ihr Geld abzögen und außerhalb der EU, zum Beispiel in der Schweiz oder Liechtenstein, anlegten.

Österreichs Finanzminister Wilhelm Molterer hat bereits im Frühling, als der Liechtenstein-Steuerskandal publik wurde, gemeint, Österreichs Bankgeheimnis stünde "nicht zur Disposition". Über eine Ausweitung des Geltungsbereichs der Richtlinie ist Österreich aber durchaus gesprächsbereit, heißt es in Brüssel.

Auch mit der Schweiz und Liechtenstein laufen bereits Gespräche über eine Ausweitung der Abkommen. Dabei will die Kommission vor allem bei den Stiftungen in Liechtenstein die Begünstigten genannt bekommen, was im Gegensatz zu österreichischen Stiftungen in Liechtenstein bisher nicht üblich war. (Michael Moravec, Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.9.2008)