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Zwischen 2000 und 2006 wurden von der Anlage Temelin fast 100 Störfälle gemeldet

AP/PETR DAVID JOSEK

Linz - Oberösterreich startet einen neuen Anlauf gegen das südböhmische Atomkraftwerk Temelin. Am Dienstag hat das Land eine Einwendung gegen den Bau zweier zusätzlicher Blöcke in das grenzübergreifende UVP-Verfahren eingebracht. Das gaben Umweltlandesrat Rudi Anschober (G) und Anti-Atom-Beauftragter Radko Pavlovec in einer Pressekonferenz in Linz bekannt. Darüber hinaus wollen sie prüfen lassen, ob das tschechische UVP-Gesetz überhaupt EU-konform ist.

Obwohl es einen Beschluss der tschechischen Regierung gegen einen Temelin-Ausbau gebe, habe der Kraftwerksbetreiber CEZ heuer eine UVP dieses Projektes beantragt, berichtete Pavlovec. Er befürchtet, dass CEZ hier noch rasch die bestehende Gesetzeslage ausnutzen will. Das Land Oberösterreich sei der Ansicht, dass die tschechische UVP nicht im Einklang mit dem EU-Recht stehe, weil sie für die Baubehörde nicht bindend sei, so Pavlovec. Sogar die EU-Kommission habe die tschechische Regierung bereits auf den Missstand aufmerksam gemacht, ergänzte Anschober. Er habe deshalb renommierte Experten mit einem Gutachten beauftragt.

Die oberösterreichische Einwendung stützt sich auf drei Punkte: Zum einen wird von CEZ eine Bedarfserhebung bzw. die Darstellung von Alternativen bis hin zur Nullvariante verlangt. Tschechien brauche keinen zusätzlichen Strom, so Anschober, "weitere Blöcke wären nur der Versuch, Europa mit billigem Atomstrom zu überschwemmen". Weiters kritisiert das Land die fehlende technische Beschreibung der vorgesehenen Reaktortypen. Derzeit seien vier Varianten in Diskussion, die alle eines gemeinsam hätten: Keiner sei bisher im Dauerbetrieb erprobt worden.

Radioaktive Abfälle

Die dritte Säule der oberösterreichischen Kritik ist die ungelöste Frage der radioaktiven Abfälle. Diese gebe es nämlich nach tschechischem Gesetz gar nicht, erläuterte Pavlovec. "Die abgebrannten Brennstäbe werden als Rohstoff deklariert - in der Hoffnung, dass man eines Tages eine geeignete Technologie finden wird, um daraus etwas Harmloseres oder gar Energie zu machen."

Derzeit würde der Atommüll - rund zwölf Tonnen pro Block und Jahr - im Reaktorgebäude selbst gelagert, berichtete Pavlovec. Es gebe zwar Konzepte für ein sogenanntes Tiefenlager, dieses sei aber bisher immer am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Ähnlich sei die Situation auch in Dukovany, wo die Abfälle in einem Zwischenlager am Kraftwerksgelände aufbewahrt würden.

Haubner: "Gebot der Stunde"

Die oberösterreichische BZÖ-Chefin und stellvertretende Klubobfrau Ursula Haubner tritt für eine Völkerrechtsklage als "Gebot der Stunde" ein. Die rot-schwarze Bundesregierung habe die besorgte Bevölkerung in den vergangenen zwei Jahren in Sachen AKW "verraten und verkauft". Es sei höchste Zeit für ein gemeinsames Vorgehen aller Parteien. (APA)