ÖBB-Managerin Gabriele Lutter führt Brigitte Ederer (re.) und Peter Klugar aus.

Foto: Christian Fischer

Wien - Noch 88 Tage, dann beginnt im ÖBB-Personenverkehr das Zeitalter der Dreiklassengesellschaft. Denn wenn am 14. Dezember der erste Hochgeschwindigkeitszug des Typs Railjet seine Premierenfahrt absolviert, können Fahrgäste zwischen zweiter, erster und Premium-Klasse wählen. In letzterer wird Gourmet-Essen serviert, dafür ist gegenüber der "gewöhnlichen" ersten Klasse ein 30-prozentiger Aufschlag fällig.

Ob sich das Luxus-Segment, das bis 2011 nur auf der Westbahn verschoben wird, bewährt, bleibt auch für ÖBB-Personenverkehr-Chefin Gabriele Lutter spannend. Man wollte mit der nach 30 Jahren Unterinvestition neue Maßstäbe in Europas Fernreiseverkehr setzen, sagte Lutter Montagabend anlässlich der Auslieferung des ersten Fernreisezugs durch Siemens.

Mit 185 Meter Länge verfügt der Railjet über 408 Sitzplätze und kann theoretisch mit bis zu 230 Stundenkilometer fahren. Das Investitionsvolumen für insgesamt 67 Garnituren, die in den nächsten drei Jahren ausgeliefert werden, beträgt 816 Millionen Euro.

Für die Fahrgäste beginnt das Railjet-Zeitalter mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember und besteht voerst aus einer Verbindung von Budapest nach München (über Wien) und retour, und einer zweiten zwischen Wien und Budapest. 2009 kommen weitere 17 dazu, die mit elf Zügen geführt werden, darunter Wien-München ab April.

Leichte Verspätung

Mit etwas Verspätung, nämlich ab Juli 2009, wird die geplante Fahrpreiserhöhung eintreffen, bestätigt Lutter auf Anfrage des STANDARD. Mit einer Einschränkung: "Sofern sich das Ministerium nicht entschließt, die Preise inflationsbedingt auch im zweiten Halbjahr nicht zu erhöhen", sagt Lutter. Dass die ÖBB die Inflationsanpassung nicht ersatzlos schlucken und nächstes auf 30 Millionen Euro verzichten können, hatte bereits ÖBB-Vorstandssprecher Peter Klugar klargestellt. Bis dato hat Verkehrsminister Werner Faymann allerdings nur 15 Millionen Euro Kostenersatz zugesagt.

Wie sehr die unter (Buch-)verluste produzierenden Spekulationsgeschäften leidende ÖBB das Geld braucht, zeigt sich insbesondere im Personenverkehr. Er leidet am meisten unter diesen verunglückten Collateralized Debt Obligation (CDO), die auf 17 Cross-Border-Transaktionen basieren. Heuer sind abermals Millionen an Wertberichtigungen notwendig, hinzu kommen jede Menge Abschreibungen für Regional- und Fernverkehrszüge. ÖBB-Aufsichtsratsmitglieder rechnen im Personenverkehr heuer mit 100 bis 120 Millionen Verlust. 2007 waren es 21,7 Millionen Euro. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2008)