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Kämpfen um Kadima-Vorsitz und das Premiersamt: Schaul Mofas und Zipi Livni

Foto: APA/Balilty

Wer die Basiswahlen der Kadima-Partei gewinnt, die am Mittwoch den Nachfolger von Ehud Olmert bestimmt, wird fast sicher neuer Premier in Israel.

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Ehud Olmert mahnt jetzt immer eindringlicher, dass Israel "rasch" ein Abkommen mit den Palästinensern braucht, traf gestern noch einmal mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen und soll ihm 98 Prozent des Westjordanlands angeboten haben.

Doch dem israelischen Noch-Premier selbst wird kaum mehr Zeit für einen Abschluss bleiben. Mitten in der Legislaturperiode tauscht die große Regierungspartei "Kadima" ihren Chef aus, nicht etwa wegen politischer Unstimmigkeiten, sondern weil die Polizei ihm Bestechlichkeit und Betrug vorwirft.

Laut Umfragen hat die 50-jährige Außenministerin Zipi Livni die besten Aussichten, am Mittwoch die landesweiten internen Vorwahlen zu gewinnen, doch der 59-jährige Verkehrsminister Schaul Mofas bleibt bis zuletzt ein ernst zu nehmender Konkurrent, weil seine Anhänger besser organisiert sind.  Mit einem Ergebnis wurde in der Nacht zu Donnerstag gerechnet, die Beteiligung war Liwnis Aussagen zufolge unerwartet schwach. Die Siegerin oder der Sieger wird danach fast sicher von Staatspräsident Schimon Peres den Auftrag bekommen, eine neue Regierung zu bilden, wofür vom Grundgesetz eine Frist von maximal sechs Wochen vorgesehen ist.

Viele schütteln jetzt den Kopf darüber, dass ganze 74.000 eingeschriebene Parteimitglieder, also nur rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung, praktisch darüber entscheiden dürfen, wer das Land führen wird. Mehr Hoffnungen und Emotionen scheint dabei Zipi Livni zu wecken, obwohl sie das Image der kühlen, volksfernen Rechtsanwältin nicht wirklich loswerden kann. Immerhin lässt sie auch manchmal Temperament aufblitzen - etwa wenn sie ihren Blazer herunterreißt, um vor den Kameras schunkelnd alte Schlager ins Mikrofon zu plärren.

Da Livni erst 1999 als völlig Unbekannte in der Politik aufgetaucht ist, kann sie als frische, von Parteiintrigen unverdorbene Kraft auftreten, und es scheint ihr auch nicht geschadet zu haben, dass sie lange im Dunstkreis der korruptionsverdächtigen Premiers Ariel Scharon und Olmert gewaltet hat. Politisch hat Livni sich seit 2004 gleichzeitig mit Scharon und Olmert vom klassischen rechten Lager weg in Richtung liberales Zentrum bewegt.

Vehement setzte sie sich etwa übers letzte Jahr für den Annapolis-Prozess ein - das Ziel sei es, "mit den pragmatischen Elementen in der palästinensischen Führung, die Partner bei der Vision von zwei Nationalstaaten sind, einen echten Dialog zu führen und alle wichtigen Themen zu berühren."

Zweifler weisen aber auf Livnis mangelnde Erfahrung, besonders im Sicherheitsbereich, hin. "Wer soll Entscheidungen über bedeutende Fragen treffen?" , stichelte Mofas. "Ich kann das, sie kann es nicht." Der etwas hölzerne und rednerisch unbegabte Kadima-Rechtsausleger Mofas, der in Teheran geboren ist, ist zwar selbst erst seit 2002 Politiker, stand aber schon zuvor als hoher Militär und als ein forscher Armeechef in der schlimmsten Phase der Intifada im Blickpunkt.

Stichwahl möglich

Wenn heute kein Kandidat wenigstens 40 Prozent der Stimmen bekommt, gibt es in einer Woche eine Stichwahl. Die letzten Umfragen prophezeiten für Livni bis zu 47 und für Mofas etwa 30 Prozent. Olmert hat bestätigt, dass er "sofort" nach der Entscheidung zurücktreten will. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2008)