Mikrokredite gelten als Wundermittel gegen Armut und als stabile Geldanlage. Bisher haben Organisationen das Geld der Anleger vergeben. Mittlerweile können Interessierte via Internet Projekte suchen, die sie unterstützen wollen.

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Die Erste Bank tut es, die Bank Austria tut es und Raiffeisen sowieso. Sie alle haben den Bereich Mikrokredite entdeckt und fördern die Idee, dass mit Kleinstkrediten ab zehn Dollar jenen Menschen geholfen werden kann, die von keiner Bank der Welt Geld bekommen würden.

Zu den Organisationen, die Geld bei Anlegern einsammeln und dieses als Mikrokredite - die als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden sollen - weltweit verteilen, gesellen sich verstärkt auch Internetportale. Über diese Seiten können Anleger gezielt Projekte suchen und diese direkt unterstützen.

Kiva

Seit 2005 online, ist Kiva die älteste Homepage für die direkte Vermittlung von Mikrokrediten. Bei Kiva sind verschiedene Projekte mit Bild und Text beschrieben, Investoren können sich aussuchen, welchen Menschen sie helfen oder welche Idee sie unterstützen wollen. Geldgeber werden während der gesamten Laufzeit darüber informiert, wie sich das Projekt entwickelt. Der Mindestbetrag, der investiert werden muss, beträgt 25 Dollar (17 Euro). Zinsen gibt es für die Beteiligung aber nicht.

Ob der Investor sein Geld zurückbekommt, hängt davon ab, ob der Kreditnehmer seinen Kredit zurückbezahlt. Über Kiva wurden laut eigenen Angaben bereits mehr als 13 Millionen Dollar investiert, davon wurden 0,27 Prozent nicht zurückbezahlt.

Microplace

Diese Seite existiert seit rund einem Jahr. Anders als bei Kiva können Anleger nicht entscheiden, in welches Projekt sie Geld investieren wollen. Gewählt werden kann nur die Zielregion. Microplace - eine Tochter von Ebay - imitiert eine Börse: Vermittelt werden Investments in Mikrofinanzinstitute. Das Geld landet in einem Fonds, der es Organisationen zur Verfügung stellt. Geht ein Projekt schief, verliert der Geldgeber seinen Einsatz nicht, da das Risiko auf viele Anleger aufgeteilt ist.

Die Rendite liegt zwischen einem und drei Prozent, die Laufzeit beträgt zwei bis vier Jahre. Microplace ist derzeit nur in den USA verfügbar, da die Plattform eine Zulassung der lokalen Bankenaufsicht braucht.

QMyC4

Diese Seite ist ebenfalls seit rund einem Jahr online und das erste europäische Internet-Angebot. Investoren können bei dem dänischen Portal einzelne Projekte aussuchen, die sie fördern wollen. Für welchen Zinssatz das Geld verliehen wird, kann der Investor selbst bestimmen. Ist der Zins zu hoch, kann es sein, dass man den Zuschlag für das Investment nicht bekommt. Die Projekte werden in einer Art Auktion vergeben.

Bisher haben - laut MyC4-Angaben - 7165 Investoren von 72 Ländern mehr als vier Millionen Euro in 2684 Projekte investiert. Geflossen ist das Geld in fünf afrikanische Länder. 92,3 Prozent der Kleinstkredite wurden bisher zurückbezahlt. Der durchschnittliche Zinssatz, zu dem Geld verliehen wird, liegt bei 12,7 Prozent.

Das System der Mikrokredite gilt zwar als eine Art Wundermittel in der Entwicklungshilfe, weil Menschen damit nicht nur eine Spende bekommen, sondern ein Startkapital, mit dem das eigene wirtschaftliche Überleben aufgebaut werden soll. Es gibt aber auch Kritiker: Dass etwa die Zinsen für diese Mikrokredite oft enorm hoch sind, stößt Gegnern sauer auf.

Studien zeigen, dass nicht jeder von diesem System profitieren kann. Gesprochen wird von einer dreiteiligen Wirkung dieser Finanzhilfe. Demnach schafft ein Drittel der Kreditnehmer den Aufstieg, ein Drittel kann die eine oder andere Not lindern, die Armutsgrenze aber nicht überschreiten. Der Rest gerät in eine neue Verschuldungsspirale. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe,18.9.2008)