Finanzinstitute fassen verstärkt einzelne Länder zusammen und verpacken sie hinter einem griffigen Akronym. Doch während diese Strategie im Vertrieb aufgeht, verzichten Anleger oft unbewusst auf Potenzial.

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TRIC ist nicht der verschollene Bruder von Tick, Trick und Track aus Entenhausen. N-11 ist auch kein Roboter aus Star Wars. Und die PIGS sind auch nicht unbedingt als Beleidigung aufzufassen.
Im Finanzjargon boomen Akronyme - die Abkürzung von mehreren Ländern unter einem Schlagwort. Hinter TRIC stecken die Türkei, Russland, Indien und China, hinter den N-11 - den nächsten elf aufstrebenen Ländern - Bangladesch, Ägypten, Indonesien, Iran, Korea, Mexiko, Nigeria, Pakistan, die Philippinen, Türkei und Vietnam. PIGS ist die mehr oder minder geglückte Abkürzung von Portugal, Italien, Griechenland und Spanien.

Doch die bekanntesten Akronyme sind BRIC und RICH, die jeweils für Russland, Indien und China sowie - im Fall von BRIC - Brasilien stehen.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat 2003 eine wahre Akronym-Flut eröffnet. Mit dem Forschungspapier "Dreaming With BRICs" hat Chefökonom Bill O'Neill die These aufgestellt, dass die Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China bald wichtiger als die "alten" G7-Staaten werden. Davon sollten Anleger ebenfalls profitieren können - via Investments in die großen Schwellenländer.

Ökonomisch macht die Zusammenfassung der Länder durchaus Sinn: Sie alle zählen zu den größten Ländern ihrer Regionen. Darüber hinaus kommt ihr Wachstum aus verschiedenen Branchen: In China aus der Produktion, in Indien aus dem IT-Sektor, und in Russland und Brasilien spielen Rohstoffe eine treibende Rolle für die Volkswirtschaft.

Anlagetechnisch ist laut Experten aber Skepsis angesagt. Denn wenn die BRIC-Staaten wirklich die "besten" Märkte der Schwellenländer wären, dann würden auch viele aktiv gemanagte Fonds, die in alle Schwellenländer investieren können, überaus stark in den BRICs vertreten sein - was aber nicht der Fall ist. Zahlreiche Fonds meiden derzeit Schwellenländer und investieren in der Türkei, Südkorea oder Indonesien.

Drum prüfe, wer sich bindet

Anleger sollten sich jedenfalls genau informieren, was hinter den jeweiligen Akronymen steckt. "Viele sind bereits von BRIC überfordert, denn es gibt unterschiedliche Schreibweisen, mit k, ck oder c" ,gibt Detlef Glow, Chefanalyst bei Lipper Feri, zu bedenken. Je nach den einzelnen Buchstaben befinden sich dann andere Länder im Portfolio. Und selbst zwischen den einzelnen Fondsgesellschaften gibt es Unterschiede bei den Abkürzungen. BRICK-Fonds können ebenso Korea wie Kasachstan beinhalten, je nachdem, welche Kapitalanlagegesellschaft den Fonds vertreibt.

"Marketingtechnisch macht die Verwendung Sinn, das Paradebeispiel sind dabei RICH-Produkte" , so Glow weiter. RICH steht wie gesagt für Russland, Indien und China und soll schon vom Namen her Kunden anlocken. Fondsexperte Glow bleibt aber kritisch: "Für Privatanleger sind diese Produkte oft unangenehm. Die Diversifikation des Portfolios sollte nicht der Spezialisierung zum Opfer fallen."

Alle Eier in einem Korb

Das Stichwort lautet Risikostreuung. Denn viele Fonds, deren Investmententscheidungen auf den Akronymen aufbauen, haben ein größeres Länderrisiko als breiter gestreute Fonds. In BRIC-Fonds stecken nur vier Länder, und in den vergangenen Monaten hat jedes von ihnen große Verluste hinnehmen müssen. Russland wegen des Georgien-Konflikts, Indien und China wegen des Platzens der Börsenblase und Brasilien wegen der sinkenden Rohstoffpreise.

Außerdem beschränkt ein Investment in Akronym-Produkte auch die Chance zusätzlicher Rendite aus aktivem Management bei Fonds. Denn Fondsmanager können dann "nur" noch mit den richtigen Gewichtungen bei Einzelunternehmen punkten.

Michael Keppler, deutscher Investor, sagte jüngst zur Fonds-Internetplattform e-fundresearch, dass die Kursstürze der BRIC-Märkte in den vergangenen Monaten gezeigt hätten, "wie fragwürdig es ist, Investments in den Emerging Markets auf die BRIC-Story zu reduzieren, wenngleich sie in den vergangenen Jahren vor allem von den großen Investmenthäusern zunehmend so verkauft wurden" . Für Anleger bleiben die Investments in die Buchstabensuppe oft undurchsichtig. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe,18.9.2008)