Für ein Land, das seine Behinderten am liebsten vertreiben würde, hat China einen guten Job gemacht." Natalie du Toit sprach das wahre Wort mit der Gelassenheit einer Siegerin aus. Die südafrikanische Schwimmerin, die bei den Paralympics fünf Goldene geholt hat, konnte nicht umhin, die Veranstalter zu loben. Tatsächlich dürften in Peking die Behindertensportspiele mehr bewirkt haben als ein Monat zuvor die Olympischen Spiele.

Zum ersten Mal wurden Behinderte in China überhaupt wahrgenommen, Berichterstatter und Zuseher waren überrascht davon, "was Behinderte alles können". Es war nicht zuletzt eine Folge der Einkindpolitik, dass behinderte Kinder in Heimen oder zu Hause eingesperrt und oft den Behörden verheimlicht wurden. Behinderte galten in Chinas Gesellschaft, überspitzt formuliert, nicht einmal als Außenseiter, sie kamen schlicht nicht vor. Nun denkt und baut Peking um. Der Kaiserpalast ist, zumindest teilweise, mit dem Rollstuhl befahrbar, die U-Bahn detto. Schon im März hatte sich, erstmals seit 1949, das Zentralkomitee mit dem sozialen Status der Behinderten befasst, im April wurde ein reformiertes Behindertengesetz erlassen.

Was die Akzeptanz des Behindertensports und seiner Protagonisten angeht, hat auch Österreich Nachholbedarf, das hängt auch und vor allem mit dem ORF zusammen, der im Gegensatz zum deutschen Fernsehen nur sehr wenig von den Paralympics brachte. So kommt es, dass Natalie du Toit vielen Menschen nicht als Paralympionikin ein Begriff ist, sondern als jene Schwimmerin, die mit einem Bein an den Olympischen Spielen teilnahm. (Fritz Neumann, DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 18. September 2008)