Wien - Die Pläne von SPÖ, Grünen und FPÖ für Österreichs Unis kosten nicht nur viel Geld (rund 350 Millionen Euro) - sie sind noch dazu ein "Schildbürgerstreich", meint ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Konkret kritisiert er die geplante Abschaffung der Studiengebühren und die Aufhebung der Zugangsbeschränkungen. Beides Punkte eines Antrags, den die drei Parteien am Freitag im Parlament verabschiedet haben. Am 24. September könnten sie ihren Vorschlag mit einfacher Mehrheit beschließen. Die Studien Human-, Tier- und Zahnmedizin sollen laut Gesetzesantrag zwar weiterhin beschränkt bleiben - allerdings wollen SPÖ, Grüne und FPÖ die Zahl der Studienplätze bis 2011 um 60 Prozent erhöhen. 350 Studienanfänger mehr pro Jahr soll es in Human- und Zahnmedizin geben, 30 zusätzliche Plätze pro Jahr an der Veterinärmedizin.

Für Rasinger (im Zivilberuf Arzt) ein Schritt in die falsche Richtung: "Damit bilden wir im Verhältnis zur Bevölkerung zweieinhalb so viele Mediziner aus wie Deutschland." Die angehenden Ärzte würden dann nicht nur "für die Arbeitslosigkeit studieren", es würde auch die Qualität leiden - denn: Die Medizin-Unis hätten weder genug Personal für die Ausbildung noch genug Patienten.
Auf scharfe Kritik stößt das Uni-Paket auch beim Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, Jürgen Mittelstraß. Die Pläne der Wissenschaftssprecher Josef Broukal (SPÖ), Kurt Grünewald (Grüne) und Martin Graf (FPÖ) nennt er den "Weg in die programmierte Mittelmäßigkeit". Für Mittelstraß sind die geplanten Neuerungen nichts anderes als „wahlkampftaktische Maßnahmen, deren sowohl institutionelle als auch finanzielle Folgen nicht bedacht werden". Die positiven Effekte von Studiengebühren und die verbesserte Studiensituation durch Zugangsbeschränkungen würden damit fahrlässig preisgegeben.

Auf wenig Gegenliebe stoßen die rot-grün-blauen Pläne auch beim Vize-Rektor der Wiener Medizin-Uni, Rudolf Mallinger, der sie im Gespräch mit dem Standard als "schlechten Scherz" bezeichnete. Man bräuchte zu ihrer Umsetzung nämlich nicht nur mehr Unis, sondern auch zusätzliche Uni-Kliniken. Das geplante Uni-Paket ist aus seiner Sicht (selbst bei großzügiger finanzieller Ausstattung) für die Medizin-Unis „unmöglich zu schaffen". (hei, kw, DER STANDARD, Printausgabe 18.9.2008)