Würdigung Dubceks: Bundespräsident Heinz Fischer, Sohn Pavol, Alexandra Föderl-Schmid, Staatspräsident Ivan Gašparovic.Foto: Hendrich

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Wien - Glaubte er wirklich an die Reformierbarkeit des kommunistischen Systems, als er den "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" propagierte? Die Wiener Gedenkveranstaltung für Alexander Dubcek, den "Slowaken an der Spitze des Prager Frühlings" , war nicht darauf angelegt, dieses Rätsel zu ergründen. Sie galt vor allem dem Menschen Dubcek.

Zwei Staatsoberhäupter würdigten am Dienstagabend im Palais Eschenbach diesen Menschen Dubcek. Der slowakische Präsident Ivan Gašparovic, zur Zeit des Prager Frühlings junger Mitarbeiter in der Staatsanwaltschaft, erinnerte sich: "Wir wollten keine Kommunisten sein. Dubcek war Kommunist, aber er hat uns die Tür geöffnet. Er war ein Politiker, der vom Podest herunterstieg und den Menschen die Hand gab. Er hat uns Hoffnung gegeben."

Wäre nach der Warschauer-Pakt-Invasion "eine andere Entscheidung getroffen worden, dann wären wir heute wahrscheinlich nicht hier" , sagte Gašparovic. Er spielte damit auf Dubceks Entschluss an, nur gewaltlosen Widerstand zu leisten. In einer Filmdokumentation sagt Dubcek (er starb im November 1992 nach einem Autounfall) selbst dazu, die Taktik des gewaltlosen Widerstands sei aufgegangen. Denn der Vizechef der Invasionstruppen habe bedauert, dass die Sowjets nicht "ausreichend" agieren konnten.

Sein Vater habe keineswegs die Wiederherstellung des Kommunismus angestrebt, sagte Dubceks Sohn Pavol. "Er hat keine ,Ismen‘ verfolgt, es ging ihm um die menschlichen Werte. Sein größter Wert war der Mensch."
Für Bundespräsident Heinz Fischer, der Dubcek von zahlreichen Begegnungen persönlich kannte, ist dessen "starke Gesinnung in beispielloser Weise auf den Prüfstand gestellt worden" .

In der von STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid moderierten Veranstaltung der slowakischen Botschaft und der österreichisch-slowakischen Gesellschaft kam auch Ex-Minister Heinrich Neisser zu Wort, 1968 Mitarbeiter im Kabinett des österreichischen Bundeskanzlers Josef Klaus. Er äußerte sich kritisch zu den Weisungen Wiens, die Botschaft in Prag "zu einem unmenschlichen Vorgehen" (restriktive Visa-Ausgabe) zu bewegen.  (Josef Kirchengast/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. 9. 2008)