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Immer mehr internationale Beispiele zeigen, dass es für öffentliche Institutionen trotz des "Spardrucks" möglich ist, sozial verantwortlich einzukaufen

Foto:China Photos/Getty Images

Wien - Die Stadtverwaltung von Barcelona hat Mut bewiesen: "Als wir 2005 ethische und soziale Richtlinien für den Kauf von Arbeitskleidung für städtische Gärtner einführten, konnte nur ein einziges Unternehmen diese Anforderungen erfüllen", berichtet Helena Barraco, Leiterin der Umweltabteilung Barcelonas. Normalerweise würden da die städtischen Juristen Vergabe-Bedenken anmelden - doch die Kommune gab der Firma den Zuschlag. Und so erhalten die 1600 Park- und Gartenbetreuer nun Arbeitskleidung, die garantiert ohne Ausbeutung der Produzenten hergestellt wurde.

Arbeit an EU- Leitfaden

"Die EU-Vergaberichtlinien sind in Bezug auf soziale Kriterien eher mickrig", erläutert Peter Defranceschi von der internationalen Organisation "ICLEI-Gemeinden für Nachhaltigkeit" anlässlich eines Fachsymposions in der Wiener Umweltschutzabteilung MA22. Internationale Beispiele würden aber zeigen, dass es für öffentliche Institutionen trotzdem möglich sei, sozial verantwortlich einzukaufen. Hoffnung setzt Defranceschi in einen Leitfaden für sozial gerechte Beschaffung, der seitens der EU-Kommission erarbeitet wird.

Kontrolle bei Textilien ist schwierig

"Österreich ist in dieser Frage noch sehr in den Startlöchern", diagnostiziert Sirit Kostron, Koordinatorin des Projektes SO:FAIR. "Es gibt viele Lippenbekenntnisse, aber umgesetzt wurde bisher nur wenig." Und das bei einem Marktpotenzial von 35 Milliarden Euro, die seitens der öffentlichen Hand für Dienstleistungen und Produkte jährlich ausgegeben werden.
Dazu kommt: Ist die Umsetzung fairer Produktionsbedingungen etwa bei Kaffee noch relativ einfach, ist die lückenlose Kontrolle bei Textilien ungleich schwieriger - weil die Produktionskette vom Baumwollfeld über Färberei und Näherei eine sehr lange ist. Seitens der Stadt Wien wird vom Projekt "ÖkoKauf" derzeit an einer möglichen Einführung fair produzierter Textilien in Spitälern gearbeitet.

Faire Wäsche, Bio-Leiberln

Da ist die Privatwirtschaft zum Teil einen Schritt weiter. Im Rahmen der Aktion "Nachhaltige Wochen" präsentieren heuer erstmals auch die Unternehmen "Reiter Betten und Vorhänge" sowie "Fussl" ihre nachhaltigen Produktlinien.

Fairtrade-Kinderbettwäsche ein Erfolg

"Wir haben 2007 mit der Fairtrade-Zertifizierung begonnen und konnten das Angebot inzwischen von zwei auf 13 Produkte erweitern", berichtet Reiter-Geschäftsführer Peter Hildebrand. Mit diesen Produkten, die unter Einhaltung sozialer Mindeststandards und pestizid- und gentechnikfrei produziert wurden, "kann man voller Freude in die Werbung gehen", so Hildebrand. Am erfolgreichsten sei in diesem Sektor Bettwäsche für Kinder.

Biotextilien ohne Kinderarbeit

Das Modehaus Fussl setzt neuerdings zum Teil auch auf garantierte Biotextilien. Diese seien auch fair produziert, wenn auch (noch) nicht zertifiziert. Die Kontrolle reicht vom Anbau ohne Pestizide oder Entlaubungsmittel, geht über vorgeschriebene Kläranlagen für Färbereien und reicht bis zur Endfertigung, die unter anderem ohne Kinderarbeit erfolgen muss, erläutert Karl Mayr vom Modehaus.

Preisliche Schmerzgrenze

Sowohl Hildebrand als auch Mayr sind sich einig: Was die Preisdifferenz betrifft, liegt bei den Konsumenten die Schmerzgrenze bei rund 20 Prozent. (Roman David-Freihsl/ DER STANDARD Printausgabe 18.9.2008)