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Foto: APA/EPA/PAVEL WOLBERG

Zipi Livni auf dem Weg zur neuen Golda Meir?

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Frankfurt/Jerusalem - Tzipi Livni hat es geschafft: Schon nach dem Schlaganfall von Ministerpräsident Ariel Sharon im Jänner 2006 wurde sie als mögliche Vorsitzende der Kadima-Partei und neue israelische Regierungschefin gehandelt. Damals ließ sie Ehud Olmert den Vortritt, der auf mehr politische Erfahrung zurückblicken konnte. Doch als Olmert immer stärker unter Druck geriet, legte sie ihm unverhohlen den Rücktritt nahe - mit dem eindeutigen Hinweis, dass sie für seine Nachfolge zur Verfügung stehe. Diese wird die 50-Jährige nun antreten.

"Eiserne Lady" Meir

Wenn es Livni jetzt noch gelingt, eine neue Koalition zu bilden, dann wird sie die zweite Frau an der Regierungsspitze Israels nach Golda Meir, die von 1969 bis 1974 Ministerpräsidentin war. Meir galt als "eiserne Lady" wie die spätere britische Premierministerin Margaret Thatcher - Staatsgründer David Ben Gurion bezeichnete sie häufig als "einzigen Mann im israelischen Kabinett". Livni hat eher den Ruf einer sanften, ausgleichenden Politikerin.

Dadurch allerdings wird ihre Durchsetzungsfähigkeit mitunter angezweifelt. Doch innerhalb der Regierungspartei Kadima hat sie sich durchgesetzt - insbesondere gegen Verkehrsminister Shaul Mofaz, der als früherer Generalstabschef und Verteidigungsminister vehement mit seiner militärischen Erfahrung geworben hat. Dass sie - wenn auch nur knapp - über ihn triumphieren konnte, belegt, dass die Kadima-Mitglieder der Außenministerin einiges zutrauen. Auch diesen Posten hatte vor ihr nur eine weitere Frau inne, nämlich ebenfalls Golda Meir.

1999 in die Knesset gewählt

Livni, die im Juli 50 Jahre alt wurde, war von Kindheit an mit Politik konfrontiert. Ihr Vater, ein einstiger Untergrundkämpfer gegen die britische Mandatsmacht in Palästina, war Knesset-Abgeordneter des Likud-Blocks. Auch sie trat dieser konservativen Partei später bei. Zunächst aber leistete sie Militärdienst und brachte es bis zum Rang eines Oberstleutnants. Anschließend arbeitete sie vier Jahre lang für den Geheimdienst Mossad und absolvierte ein Jura-Studium an der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv. Danach war sie mehrere Jahre als Rechtsanwältin tätig.

1999 wurde sie für den Likud in die Knesset gewählt. Zwei Jahre später wurde Sharon israelischer Ministerpräsident, und damit begann der Aufstieg Livnis, die mit Sharon auf einer Linie lag und sehr von ihm gefördert wurde. Nach einer Reihe nachrangiger Ministerposten wurde sie im Jänner 2005 zur Justizministerin ernannt, was sie damals als Traumjob bezeichnete.

Rückzug Israels aus dem Gazastreifen

Livni unterstützte den von Sharon forcierten Rückzug Israels aus dem Gazastreifen. Als sich der Likud darüber spaltete, folgte sie ihrem Mentor Ende 2005 in dessen neu gegründete Partei Kadima (Vorwärts) und verfasste auch das Parteiprogramm. Spätestens nach Sharons Schlaganfall war klar, dass Livni noch zu höheren Ämtern strebte. Olmert war sich dessen bewusst und machte seine schärfste Konkurrentin um die Partei- und Regierungsspitze zur Außenministerin.

Auch auf diesem Posten verschaffte sich Livni Respekt - im Ausland ebenso wie in Israel selbst. Umfragen zufolge schätzt man ihr professionelles und dennoch bescheidenes Auftreten sowie ihre Zuverlässigkeit. Ihre Fähigkeit zum Ausgleich trifft auf tiefe Bewunderung in der israelischen Öffentlichkeit, die von politischen Grabenkämpfen genug hat. Selbst bei den Linken gilt sie als die beliebteste konservative Politikerin.

Untersuchungsbericht zum Libanon-Debakel

Im Mai 2007 sorgte der Untersuchungsbericht zum Libanon-Debakel vom Sommer 2006 für Aufsehen in Israel. Olmert wurde schwerwiegendes politisches Versagen vorgeworfen, da er Soldaten ohne ausreichende Vorbereitung in den Krieg geschickt habe. Livni machte daraufhin erstmals deutlich, dass sie bei der nächsten Abstimmung über den Kadima-Vorsitz gegen Olmert antreten würde.

Olmert konnte sich vorerst im Amt halten, doch dann wurden immer neue Korruptionsvorwürfe gegen ihn laut - unter anderem saftige Bargeldzahlungen eines amerikanischen Geschäftsmanns. Jetzt erhob Livni offen die Forderung, die Kadima sollte in einer Urwahl einen Nachfolger an der Parteispitze bestimmen. Zudem müsse man sich auf vorgezogene Parlamentswahlen einstellen.

Sollte es allerdings dazu kommen, dann steht Livni eine harte Zeit bevor. Laut Umfragen hätte der Likud unter dem früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu derzeit die besseren Chancen, stärkste Partei zu werden. (Von Annedore Smith/AP)