Warschau - Der weltbekannte polnische Astronom Aleksander Wolszczan war jahrelang ein geheimer Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes SB, berichtete die Wochenzeitung "Gazeta Polska". Dem Geheimdienst dürfte er aber nur allgemein bekannte Informationen weitergeleitet haben. Der in den USA tätige Wissenschaftler bestätigte den Bericht der Wochenzeitung in einer an den Washingtoner Korrespondenten des Radiosenders RMF FM geschickten Erklärung.

Erklärung

"Es ist wahr, dass ich Anfang der 70er Jahre, als ich ins Ausland zu reisen begonnen hatte, unvorsichtig Kontakten mit der SB (...) zugestimmt habe. (...) Ich sah damals darin nichts Besonderes. Eine Deklaration der Treue dem System gegenüber unterzeichnete man ja vor jeder Auslandsreise", schrieb Wolszczan in der Erklärung. Er wies darauf hin, dass Leute, deren Leben in irgendeiner Form von bestimmten Normen abweichte, auf Kontakte mit dem Geheimdienst angewiesen waren. "In einem solchen System funktionierte das Doppelleben wie eine Zivilisationsnorm", erklärte der Astronom.

Aufarbeitung und Meldungen

Laut der "Gazeta Polska" begann Wolszczan seine Zusammenarbeit mit der SB im Jahr 1973, vor einem einjährigen Aufenthalt am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Die Zusammenarbeit sei niemals offiziell beendet worden. Im Institut für das Nationale Gedenken (IPN), das für die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit Polens verantwortlich ist, gibt es fast 50 Berichte des Agenten "Lange". Laut der Tageszeitung "Dziennik", die an die Meldungen gelangt ist, berichtete Wolszczan darin jedoch eigentlich nur über unwichtige, allgemein bekannte Informationen und Ereignisse.

Der heute 62-jährige Wolszczan ist seit 1982 in den USA tätig. Er ist Professor an der Penn State University sowie an der polnischen Nikolaus-Kopernikus-Universität Torun (Thorn) und Mitglied der Polnischen Akademie der Wissenschaften. (APA)