Manche Waren werden verschenkt

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VinziMarkt-Leiterin Angela Proksch hat noch viel zu organisieren, während sich die Kunden an der Kassa schon drängen

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Auf rund 170 Quadratmetern Verkaufsfläche können nachweislich sozialbedürftige Menschen deutlich verbilligte Lebens- und Haushaltsmittel einkaufen

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Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) bei der Eröffnung

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Falsch verpackte oder etikettierte, leicht beschädigte Produkte oder Waren aus Überproduktionen finden sich in den Regalen

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Die Teuerung ist auch in Österreich zum Problem geworden. Immer mehr Menschen können sich immer weniger leisten. Also war bei der Eröffnung des zweiten VinziMarkts für Bedürftige in Wien der Andrang groß -Von Marijana Miljkoviæ

Wien – Es gab kein Durchkommen. Dabei wollten eigentlich noch mehr Kunden ihre Einkaufswagen zwischen den gut gefüllten Regalen schieben. 30 Cent kostet hier der Tee, 20 Cent das Joghurt. Das Schlagobers war am Donnerstag gratis, das Brot wurde, wie es immer sein soll, verschenkt.

Beim Start des VinziMarktes in der Wallgasse 12 in Wien-Mariahilf standen die Leute bis nach draußen. Für Initiator Wolfgang Pucher, Pfarrer der Grazer Vinzenzgemeinde, der mit Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) den Sozialmarkt eröffnete, war das die Bestätigung, dass seine Arbeit notwendig ist: "Während täglich Unmengen von Lebensmitteln vernichtet werden, haben immer mehr Menschen nicht die Möglichkeit, lebenswichtige Dinge zu kaufen."
Im 170 Quadratmeter großen ehemaligen Billa-Geschäft werden Waren, die im normalen Supermarkt nicht verkauft werden können, zu 30 Prozent des handelsüblichen Preises angeboten. Manche sind zwar schon abgelaufen oder verbeult, aber noch genießbar. Die Lebensmittel kommen von den großen Handelsketten, sagt VinziMarkt-Koordinator Michael Bachler. "Doch wir appellieren an die Supermärkte, uns anzurufen, bevor sie Ware einen Tag vor dem Ablaufen wegschmeißen. Wir holen die Lebensmittel ab", sagt Bachler.

Dass der VinziMarkt schon der zweite Sozialmarkt in Wien ist – der erste eröffnete im Sommer in Wien-Favoriten und hat mittlerweile über 6500 Kunden – ist ein Zeichen, dass sich immer mehr Menschen das Einkaufen nicht mehr leisten können. Eine von ihnen ist Erika M.. Sie ist eine der ersten, die sich am Mittwoch eine Einkaufskarte geholt haben. Mit Nummer 25, dabei war seit dem Aufsperren des Geschäftes noch keine halbe Stunde vergangen.

Einkaufen darf im Sozialmarkt nur, wer weniger als 800 Euro im Monat zur Verfügung hat. Das trifft nicht nur auf Leute zu, die ein kleines Einkommen haben. Auch jene, die hohe Kredite abstottern müssen und denen auch am Ende des Geldes noch viel Monat übrig bleibt, dürfen in den VinziMarkt.

Frau Erikas monatliches Einkommen ist ihre Mindestpension von 749 Euro. Nach Abzug der Miete und der Energiekosten bleiben ihr noch 200 bis 300 Euro übrig.

Zu wenig Geld: Ausgegrenzt

Mit so viel beziehungsweise so wenig Geld schlägt sich auch Frau Anita durch. Die 41-jährige Alleinerzieherin eines Sohnes ist seit drei Jahren arbeitslos. Wegen Bandscheibenvorfällen sei sie nicht voll arbeitsfähig, sagt sie. Ihren ganzen Namen will sie nicht in der Zeitung lesen: "Ich will nicht, dass mein Sohn in der Schule gefrotzelt wird", sagt sie. Einmal habe sie bei einer Elternversammlung um ein Schulbeihilfe-Formular gebeten. "Da hat eine Mutter gesagt: ‚Ah, ein Aso-Kind.‘ Wir dürfen in der Schule ja gar nicht sagen, dass wir hier einkaufen", erzählt die Frau.

Das Hilfswerk will in den kommenden Wochen ebenfalls einen Sozialmarkt in der Neustiftgasse im 7. Bezirk aufsperren. Der Initiator des ersten Sozialmarkts plant einen weiteren in Floridsdorf. Die Betreiber wollen sich vernetzen, um die Auslieferung der Ware effizient zu gestalten.
Für ihren Einsatz für Bedürftige wurde die Vinzenzgemeinschaft schon öfter ausgezeichnet. Am Donnerstagabend bekam Cecily Corti, Leiterin der Obdachloseneinrichtung VinziRast, die "Insignien zum Ritter des französischen Verdienstordens" in der französischen Botschaft verliehen.(Marijana Miljkoviæ/ DER STANDARD Printausgabe 19.9.2008)