New York - Der amerikanische Versicherungsriese AIG steht nach der Rettungsaktion durch die US-Notenbank vor einem Ausverkauf umfangreicher Konzernteile. Zu den möglichen Käufern zählen besonders die deutschen Branchengiganten Allianz und Münchener Rück. Die neu eingesetzte AIG-Führung prüfe bereits eine Zerschlagung von AIG, berichtete etwa die "New York Times" am Donnerstag.

Die Notenbank Fed hatte am Mittwoch der in einer dramatischen Kreditklemme steckenden AIG (American International Group) in letzter Minute ein Mega-Darlehen von 85 Mrd. Dollar gewährt (58,6 Mrd. Euro). Die Fed erhält im Gegenzug 80 Prozent der Anteile an dem Konzern, der zu den weltgrößten Versicherern zählt. Im Zuge der Kreditkrise ist dies bereits die dritte umfangreiche Rettungsaktion des Staates für ein börsennotiertes Unternehmen.

AIG soll durch den zwei Jahre laufenden Überbrückungskredit Luft für einen geordneten Verkauf von Konzernteilen bekommen. Die Münchener Rück signalisierte bereits Interesse an Geschäften des US-Wettbewerbers. Auch die Allianz gilt als potenzieller Käufer und soll laut Medien kurz vor dem staatlichen Eingriff sogar ein Angebot zur Komplettübernahme gemacht haben.

Kein Kommentar von der Allianz

Die Allianz hat dies bisher nicht näher kommentieren wollen. Vorstandschef Michael Diekmann hatte unlängst ein mögliches Interesse der Allianz an Geschäftsbereichen der AIG offen gelassen. "Die AIG braucht Kapital. Dafür hat sie bestimmte Aktivitäten zur Disposition gestellt", hatte er kürzlich in Bratislava erklärt. Dies seien zum Beispiel das Rückversicherungs- oder Leasinggeschäft. Beides sei für die Allianz nicht von Interesse. Sollten andere Bereiche zum Verkauf stehen, müsse dies zunächst in Ruhe angesehen werden.

Mögliche Interessenten für AIG-Teile seien auch der französische AXA-Konzern, die niederländische ING-Gruppe sowie die Schweizer Zurich Financial Services (ZFS), berichtete unter anderem das "Wall Street Journal". In den USA gilt zudem die im Versicherungsbereich starke Holding Berkshire Hathaway des Multimilliardärs Warren Buffett als Kandidat. Einige potenzielle Interessenten könnten wegen eigener Probleme durch die Kreditkrise jedoch vor einem Kauf zurückschrecken.

Das klassische AIG-Geschäft mit der gesamten Palette bei Sach-, Lebens- und Rückversicherungen ist laut Experten gesund. Die Probleme stammen aus der Finanzsparte mit ganz ähnlich riskanten Geschäften wie bei Investmentbanken. Auf der Verkaufsliste könnte zudem die weltgrößte Flugzeug-Leasing-Tochter ILFC stehen.

Die AIG-Aktie konnte am Donnerstag in der ersten Handelsstunde nach zuletzt schweren Verlusten deutlich zulegen. Das Papier fällt nach der Mehrheitsübernahme durch den Staat ab nächstem Montag aus dem US-Leitindex Dow Jones. Stattdessen zählt dann der Lebensmittel-Konzern Kraft Foods zu den 30 Werten des weltweit bekanntesten Börsenbarometers. (APA/dpa)