Die Umsetzung der Kritik der Europäischen Kommission an den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland wird zur Bewährungsprobe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt, glaubt Dieter Dörr, Medienexperte von der Universität Mainz. Knackpunkt sind die Onlineaktivitäten von ARD und ZDF. Dörr hält dies auch für die Rundfunkregulierungsbehörden für eine "Bewährungsprobe" - "sonst hat man gleich die nächste EU-Prüfung vor der Tür", so Dürr am Donnerstag im Rahmen des vierten Rundfunkforums in Wien.

In Deutschland habe man sich darauf geeinigt, dass die öffentlich-rechtlichen Sender im Internet weder Sponsoring noch Werbung betreiben dürfen, noch dürfen sie eine flächendeckende Regionalberichterstattung bieten. Außerdem müssen die Inhalte journalistisch-redaktioneller Art sein. Bei neuen Angeboten soll in einem Drei-Stufen-Test der public-value geprüft werden, berichtete Dürr. Dabei müssen etwa die Marktauswirkungen berücksichtigt und der publizistische Mehrwert hinterfragt werden. Schließlich muss auch der Preis für das neue Produkt in einem vernünftigen Verhältnis zum
Mehrwert stehen.

Mängel bei Durchführung des Public-Value-Tests

Mängel ortet der deutsche Medienexperte bei der Durchführung des Tests. Man habe sich in Deutschland darauf geeinigt, dass die öffentlich-rechtlichen Sender hier "Sachverständige" hinzuziehen müssen. "Die Sender werden sich aber kaum Fachleute holen, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk besonders kritisch gegenüber stehen", befürchtet Dürr.

"Man wird an Deutschland sehen, wie die Kommission auf die Umsetzung reagiert", was Rückschlüsse auf die aktuelle EU-Prüfung des ORF zuließe. Zu bedenken gibt Dürr, dass die Wettbewerbskommission "die Onlineaktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender als Marktstörung" betrachtet und strenge Regulierung fordert. Das sei insofern "hochbrisant", weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk "zum Auslaufmodell wird", wenn er sich der neuen Medienwelt nicht stellt.

Neuwahlbedingt auf sich warten lassen indes die Umsetzung der EU-Mediendiensterichtlinie und die Änderung des Privatradio- und des Privatfernsehgesetzes in Österreich. Michael Kogler vom Bundeskanzleramt sieht vor allem bei Abrufdiensten (On-Demand-Services), der Neuordnung des Kurzberichterstattungsrechts und der Ko- und Selbstregulierung Nachbesserungsbedarf im aktuellen Mediengesetz. Es gebe Überlegungen, "Veränderungen vorzunehmen", so Kogler. (APA)