Caracas - Venezuelas Präsident Hugo Chavez hat nach Kritik an seiner Politik eine Delegation der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ausgewiesen. Ihre Mitglieder hätten die demokratischen Institutionen angegriffen und sich auf illegale Weise in die internen Angelegenheiten des Landes eingemischt, erklärte das Presseamt. Die Ausweisung betraf Jose Miguel Vivanco, Regionaldirektor der Organisation für Amerika, und seinen Kollegen Daniel Wilkinson. 

Nach knapp zehn Amtsjahren hat  Chávez in Venezuela nach Ansicht von  Human Rights Watch  die Demokratie in dem südamerikanischen Land geschwächt. Die linksnationalistische Regierung von Chávez sei politisch intolerant und diskriminierend und verachte das Prinzip der Gewaltenteilung, heißt es in der von HRW am Donnerstag in Caracas veröffentlichten Studie "Zehn Jahre Chávez".

Situation nach Putschversuch verschlechtert

Die Menschenrechtler kritisierten den Coup gegen Chavez 2002 als größten Einzelangriff auf die venezolanische Demokratie in der jüngeren Geschichte. Der Präsident habe den Putsch jedoch anschließend für eine Unterdrückung seiner Gegner missbraucht. "Die Chavez-Regierung hat dieses Ereignis seither leider dafür benutzt, eine Politik zu rechtfertigen, die die Demokratie des Landes schwächt", sagte Vivanco.

Der Bericht löste in Venezuela Empörung aus. HRW-Lateinamerika- Vertreter Vivanco sei "ein Schwachkopf", schimpfte der Vizepräsident des Bundesparlaments in Caracas, Saúl Ortega. Der Bericht basiere auf Lügen. "In Venezuela gibt es eine kräftige Demokratie, in der die Institutionen gefestigt sind, weil sie die Interessen der Bevölkerung respektieren", sagte Ortega.

Zahlenspiel um Richter

Konkret beklagt HRW im Bericht unter anderem, dass die Zahl der Richter am Obersten Gericht in Caracas von der Regierung von 20 auf 32 erhöht worden sei, um eine regierungsfreundliche Mehrheit zu schaffen. Das Oberste Gericht habe in Venezuela seine Funktion aufgegeben. Es entscheide im Sinne der Regierung, wie etwa im vergangenen Jahr, als Chávez die Verlängerung der Lizenz des regierungskritischen Fernsehsenders RCTV verweigert habe und die obersten Richter dem Staatschef recht gegeben hätten.

Venezuela sei in der Region zwar nicht das Land mit den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen, betonte Vivanco. Dennoch bereiteten die politische Gewalt und die Straflosigkeit große Sorgen. (APA/dpa)