Ein Langzeitexperiment im Glashaus beweist: Bei (und nach) höheren Temperaturen kann die Natur weniger CO2 aufnehmen.

Foto: A. Barron

Washington/London - Zwischen 1500 und 1850 war es ziemlich kühl auf unserem Planeten: Es gab überdurchschnittlich kalte Winter und regenreiche, kühle Sommer. Peter Cox von der Universität im britischen Exeter und Chris Jones vom britischen Wetterdienst haben nun Daten aus dieser "Kleinen Eiszeit" genauer unter die Lupe genommen, um Klimaveränderungen in den kommenden Jahren vorherzusagen.

Konkret ging es ihnen um die Frage, wie viel vom Treibhausgas Kohlendioxid durch sogenannte Senken wie Meere oder Wälder aufgenommen wurde. Bisherige Modelle legten nahe, dass diese Reservoirs bei steigenden Temperaturen immer ineffizienter bei der CO2-Aufnahme werden dürften.

Die Untersuchungen von Cox und Jones belegten dies und zeigten zudem, dass dieser Effekt stärker ist als bisher angenommen: "Die Daten aus der Kleinen Eiszeit implizieren, dass das atmosphärische CO2 im Zuge der Erderwärmung stärker zunehmen wird, als es die meisten Modelle nahelegen", schreiben die Forscher in ihrem Artikel, der im US-Fachmagazin "Science" (Bd. 321, S. 1642) erschien.

Experimentelle Bestätigung

Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kamen Wissenschafter um John Arnone vom Desert Research Institute in Reno,Texas - auch wenn sie eine ganz andere Methode verwendeten: Sie untersuchten anhand von einem Dutzend tonnenschwerer Erdquader, die mit Präriegras bewachsen waren, wie viel Kohlendioxid ein Ökosystem aufnimmt und abgibt. Dafür bauten sie vier abgeschlossene Kammern, in denen die tages- und jahreszeitlichen Veränderungen von Temperatur und Regen nachgestellt wurden - und zwar vier Jahre lang.

Im zweiten Studienjahr sorgten die Forscher in zwei der Kammern für mehr Wärme, um Umweltbedingungen herzustellen, die wir aufgrund des Klimawandels erwarten müssen. Während der gesamten Studiendauer maßen die Forscher den Kohlendioxidaustausch und den Wasserverbrauch der Ökosysteme in den vier Kammern.

Das einigermaßen dramatische Ergebnis: Ökosysteme, die höhere Temperaturen aushalten mussten, nahmen nur ein Drittel der Menge an Kohlendioxid auf. Die Kohlendioxidspeicherung war nicht nur in dem Jahr mit den höheren Temperaturen verringert, sondern auch in dem darauffolgenden Jahr, wie die Forscher in der Covergeschichte des britischen Wissenschaftsjournals "Nature" (Bd. 455, S. 383) berichten.

Mit anderen Worten: Klimaänderungen dürften sehr viel nachhaltigere Auswirkungen haben als bisher angenommen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21. 9. 2008)