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Auf Aso entfielen 351 der insgesamt 525 gültigen Stimmen. Die frühere Verteidigungsministerin Yuriko Koike, die als erste Frau in der über 50-jährigen Geschichte der LDP angetreten war, kam auf lediglich 46 Stimmen. Für Aso, der im Ruf eines konservativen "Falken" steht, war es der vierte Anlauf um das höchste politische Amt gewesen. In Japan gab es in den vergangenen 20 Jahren bereits 13 Ministerpräsidenten.

Foto: AP Photo/Koji Sasahara

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Kandidaten für den Vorsitz der japanischen Liberaldemokraten auf einer Wahlkampf-Tour in Okayama. Taro Aso (Mitte) setzt sich durch - auch gegen seine schärfste Gegnerin Yuriko Koike.

Foto: AP/Kyodo News

Die Sensation bleibt aus. Yuriko Koike, Japans erste Frau im Rennen um das Amt des Regierungschefs, hat gegen den früheren Außenminister Taro Aso keine Chance mehr. Er wurde am Montag zum Chef der Partei gewählt werden.

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Taro Aso hat sein typisches lausbübisches Lachen durch eine staatsmännische Miene ersetzt. Statt wie üblich über seine Liebe zu Manga-Comics zu witzeln, mimt der Bewerber um die Präsidentschaft von Japans regierender Liberaldemokratischer Partei (LDP) und damit das Amt des Regierungschefs am Freitag bei einem von bisher 17 öffentlichen Auftritten des parteiinternen Kandidatenquintetts den reifen Staatenlenker. Die Finanzkrise sei eine Systemkrise, erklärte der ehemalige Außenminister Aso. "Die ganze Welt sollte zusammenkommen, um sie zu lösen."

Seine Erzrivalin Yuriko Koike neben ihm, die als erste Frau Japans Spitzenjob anstrebt und vom früheren Reform-Premier Junichiro Koizumi unterstützt wird, hat dagegen ihre anfängliche Siegeszuversicht verloren. Nüchtern bilanzierte sie, sie sehe den Wahlkampf nur noch als "eine gute Chance, meine Politik den Wählern vorzustellen". Denn es stand bereits fest, wer am Montag auf dem Parteitag gewinnen wird: Aso, derzeit Generalsekretär der LDP.

Erfolgreiche Kampagne

In den letzten Tagen hat der 67-jährige erzkonservative Politiker nach übereinstimmenden Einschätzungen der Medien rund 60 Prozent der stimmberechtigten 386 LDP-Parlamentarier und 141 Vertreter der LDP-Regionalgliederungen auf seine Seite gezogen. Damit wird er aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im ersten Wahlgang gewählt, kurze Zeit später als Nachfolger des unpopulären Ministerpräsidenten Yasuo Fukuda vereidigt, der vor zwei Wochen seinen Rücktritt erklärt hatte - und bald darauf vorgezogene Neuwahlen des politisch entscheidenden Unterhauses ausrufen.

Der erfahrene Politiker Aso wäre damit Japans dritter Premier in nur einem Jahr - und für die LDP der wichtigste seit langem. Denn er soll seine Partei vor einer drohenden Niederlage in den kommenden Wahlen bewahren. Die Oberhausmehrheit hatte seine Partei 2007 bereits nach einer Skandalserie an die Opposition verloren.

Die LDP inszeniert daher ihren internen Wahlkampf als nationale Kampagne, um die Wähler auf ihre Seite zu ziehen, meint Pema Gyalpo, Professor für Politikwissenschaften an der Toin-Universität in Yokohama und ein aus dem Fernsehen bekannter Kommentator. "Sie wolle damit die Aufmerksamkeit von den Demokraten weg auf die LDP lenken und das Volk für den Parlamentswahlkampf aufwärmen."

Das Kalkül ist simpel. Noch fast jeder der 27 Ministerpräsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg hat nach Amtsantritt akzeptable Popularitätswerte. "Normalerweise sacken sie allerdings nach zwei, drei Monaten ab", sagt Gyalpo. Aber das wäre gerade ausreichend, um auf der anfänglichen Popularitätswelle zu einem Sieg über die Demokraten zu gleiten. Denn die Neuwahlen werden wahrscheinlich zwischen Ende Oktober und Mitte November stattfinden.

Zusätzlich bietet die LDP, die seit 1955 bis auf zehn Monate ununterbrochen regiert hat, Wahlgeschenke. Ein Konjunkturprogramm gegen die drohende Rezession will Aso noch vor der Auflösung des Unterhauses durchs Parlament boxen. Das soll besonders Bauern, Fischern und Kleinunternehmern helfen. Ursprünglich Stammwähler der LDP, waren sie im vorigen Jahr enttäuscht zur Opposition übergelaufen. Aso strahlt Zuversicht aus: "Die LDP hat mehrere Krisen erlebt. Aber sie ist immer zurückgekommen."

Aso ist ein Enkel und Schwiegersohn zweier früherer Premiers und diente bereits auf mehreren Ministerposten. Der im Volk auch als großer Liebhaber von japanischer Popkultur bekannte frühere Olympiateilnehmer im Wurfscheibenschießen hatte sich zuvor schon dreimal vergeblich um das oberste Amt des Partei- und Regierungschefs beworben. ( Martin Koelling aus Tokio/DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.9.2008)