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Faymann will für sein Teuerungspaket keinen Tauschhandel betreiben.

Foto: APA/ORF/Pichlkostner

Wien - Werner Faymann macht kein Hehl aus seiner Wunschkoalition: "Ich wünsche mir noch immer eine breite stabile Zusammenarbeit" - aber "nur in anderer Form" als in den vergangenen 18 rot-schwarzen Monaten. In der ORF-Pressestunde am Sonntag betonte der SPÖ-Chef mehrfach, dass er eine Neuauflage einer großen Koalition präferieren würde, fügte aber jedesmal betont nachdrücklich hinzu, dass alles anders werden müsse als im Kabinett seines Vorgängers Alfred Gusenbauer.
Dass vor allem die ÖVP anders werden müsse, sie müsse die "Erneuerung nachholen" , die die SPÖ schon hinter sich habe. Aber sein Lieblingskoalitionspartner "besteht ja glücklicherweise nicht nur aus Schüssel, Molterer und Bartenstein" , ließ Faymann keinen Zweifel offen, wer für ihr nicht die Zukunftsträger der Volkspartei sind.

Klar ist für Faymann eines - wenn große Koalition, dann mit der SPÖ als Kanzlerpartei: "Veränderung kommt nur zustande, wenn wir Erster werden, sonst fühlen sich die Falschen auch noch bestätigt."

Die Zusammenarbeit mit der ÖVP argumentierte Faymann auch mit Reformen, bei denen "die Zusammenarbeit mit den Ländern unabdingbar ist" (vier VP-regiert, vier SP-regiert, BZÖ in Kärnten) - Pflege, Gesundheit, Kinderbetreuung.
Im Falle anderer rechnerischer Mehrheiten schließt Werner Faymann nach wie vor FPÖ und BZÖ dezidiert aus, andere Koalitionsformen aber nicht, ebensowenig eine Minderheitsregierung, die aber habe den Makel, dass sie eben keine stabilen Verhältnisse bringe.

"Der kritische Punkt"

Was sein Fünf-Punkte-Programm gegen die Teuerung (halbe Mehrwertsteuer, Aus für Studiengebühren, Pensions-Hacklerregelung, mehr Pflegegeld, doppelte September-Familienbeihilfe) betrifft, so geht der SPÖ-Chef mittlerweile davon aus, dass er bei der Parlamentssitzung am Mittwoch nicht alle ins Ziel bringen wird: "Ich gehe davon aus, dass drei von fünf Punkten eine Mehrheit bekommen. Entscheidend wird sein, wie das BZÖ stimmt." Tauschhändel werde es mit ihm keine geben.
Just die von der SPÖ so forcierte Mehrwertsteuersenkung auf auserwählte Lebensmittel von zehn auf fünf Prozent "ist natürlich der kritische Punkt. Da bin ich realistisch" , so Faymann im Gespräch mit Wolfgang Geier (ORF) und Christoph Kotanko (Kurier). Aber, so Faymann pragmatisch: "Drei von fünf Punkten ist auch ein Ergebnis, weil die Bürger ja nicht verlangen, dass alles umgesetzt wird, was ich mir wünsche."

Was er sich noch wünscht, ist eine Tarifsenkung im Rahmen der Steuerreform, von der vor allem Einkommen bis 4000 Euro profitieren sollen: "Bei der letzten Reform ist für die Arbeitnehmer zu wenig herausgekommen." Als Reaktion auf die internationale Finanzkrise setzt Faymann auf "verstärkte Kontrolle der Finanzmarktaufsicht" , mehr staatliche Absicherung von Pensionen und Gesundheitssystem. Eine Volksabstimmung über einen EU-Beitritt Kroatiens sei nicht nötig, eine über die Türkei sehr wohl. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD Printausgabe, 22. September 2008)